Fachleiter brauchen Grenzen und Kontrollen !

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Maximer
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Re: Fachleiter brauchen Grenzen und Kontrollen !

Beitrag von Maximer »

BlackandGold hat geschrieben: Das ist Unfug, man lernt, vernünftigen Unterricht zu gestalten, strukturiert eine Stunde zu planen und durchzuführen und sinnvoll eine Unterrichtsreihe so zu gestalten, dass tatsächlich am Ende die Kompetenzen des Kernlehrplans erfüllt werden können.

Wir könnten natürlich beide ein "meiner Erfahrung nach" davorsetzen. Aber dann wäre es ja nur noch halb so toll, aufs Ref zu schimpfen.
(BTW: Ich habe meine UPP mit ner 2,x bestanden, bin also sicherlich nicht der Überflieger)
Okay, wir lernen leider keine Gestaltung einer Unterrichtsreihe, das lernen wir entweder an der Einsatzschule von engagierten Mentoren oder später im Job. Wenn das bei euch anders ist: Daumen hoch! Alltagsfähigen Unterricht habe ich mir auch beim Hospitieren abgeschaut.

Ich sehe das Seminar inzwischen nur noch als reine Prüfungs-Maschinerie. Das, was ich für die Praxis brauche, hol ich mir aus der Praxis und nicht aus der praxisfernen Seminar-Ausbildung. Tipps für den Alltag kann man da nicht erwarten, sind oft auch Leute in der Ausbildung, die sich aus der Schulpraxis (aus Gründen?!) zurückgezogen haben.

Maximer

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Max_Cohen
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Re: Fachleiter brauchen Grenzen und Kontrollen !

Beitrag von Max_Cohen »

Maximer hat geschrieben: Okay, wir lernen leider keine Gestaltung einer Unterrichtsreihe, das lernen wir entweder an der Einsatzschule von engagierten Mentoren oder später im Job.
Die "Planung von Unterrichtsreihen" halte ich - zumindest in den MINT-Fächern - für eines der zentralen Märchen der Schulpraxis. Man muss sich nur vor Augen halten, dass die ersten Ideen zur zweidimensionalen Dynamik aus den 1970ern stammen und es bis 2011 gedauert hat, bis endlich ein fertiges und erwiesenermaßen lernwirksames Unterrichtskonzept allgemein verfügbar war. Und das wurde nicht von Lehrkräften "mal so nebenbei" entwickelt, sondern war Gegenstand intensiver Forschungsarbeit. Für Lehrkräfte ist die Entwicklung von lernwirksamen Unterrichtsreihen eine nicht leistbare Überforderung, und nach wissenschaftlichen Kriterien evaluieren können sie es sowieso nicht. Die Umsetzung einer fertigen Reihe im Unterrichtsalltag ist für eine durchschnittliche Lehrkraft schon mehr als schwer genug.
Ich sehe das Seminar inzwischen nur noch als reine Prüfungs-Maschinerie. Das, was ich für die Praxis brauche, hol ich mir aus der Praxis und nicht aus der praxisfernen Seminar-Ausbildung. Tipps für den Alltag kann man da nicht erwarten, sind oft auch Leute in der Ausbildung, die sich aus der Schulpraxis (aus Gründen?!) zurückgezogen haben.
Ich kann bei diesen sich wiederholenden Kommentaren zum Thema "Praxisbezug" nicht so ganz glauben, dass die Welt anderenorts vollkommen Kopf steht. Zumindest meine eigene Ausbildung war extrem praxisnah. Kritik kam dort nur regelmäßig von den Referendaren, die a) keinerlei relevante Vorkenntnisse aus Unterrichtsforschung und Lernpsychologie besaßen und daher überhaupt nicht verstanden, worum es ging sowie b) dachten, dass "praxisnah" bedeutet, dass einem ein kleinschrittiges Vorgehen für den Unterricht für den morgigen Tag präsentiert würde.
In der sog. "Praxis" hingegen habe ich bei vielen Ausbildungslehrern gesehen, wie miserabel die Qualität des alltäglichen Unterrichts ist, wie schnell sich dysfunktionale Routinen ohne Korrektiv durch evidenzbasierte Hospitation einschleifen und wie wenig verbindliche Kompetenzen dabei herumkommen.

Von diesen allgemeinen Punkten abgesehen stimme ich aber zu, dass auch Fachleiter Grenzen und Kontrollen brauchen, da sich hier auch schwarze Schafe tummeln, die immer noch versuchen, die irrelevante Sichtstruktur des Unterrichts zu beurteilen oder Referendaren ihre persönlichen Vorlieben aufzudrücken. Es muss für den Lehrerberuf im allgemeinen die Möglichkeit geben, bei konsequenter Minderleistung und Beratungsresistenz entlassen zu werden oder bei mangelnder Eignung für Beförderungsstellen wieder "defördert" zu werden.

Maximer
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Re: Fachleiter brauchen Grenzen und Kontrollen !

Beitrag von Maximer »

Max_Cohen hat geschrieben: Ich kann bei diesen sich wiederholenden Kommentaren zum Thema "Praxisbezug" nicht so ganz glauben, dass die Welt anderenorts vollkommen Kopf steht. Zumindest meine eigene Ausbildung war extrem praxisnah.
Ich weiß schon, worauf du hinaus willst. Illusorische Erwartungen habe ich bestimmt nicht, was ich erwarte von einer guten Ausbildung (das Referendar ist nicht meine erste Berufsausbildung), ist ganz einfach, dass man die im Beruf verlangten Kompetenzen übt und zwar nicht nur als Prüfungsszenario (das steht natürlich immer am Ende). Das findet bei uns aber am Seminar nicht statt. Wir machen diverse Gruppenspielchen und lesen theoretische Texte zur Vorbereitung auf die mündlichen Prüfungen (aber viel weniger reflektiert als im Studium), dann viel Orga-Kram, der sich um sich selbst dreht (da geht extrem viel Zeit für drauf).

Das ist die schlechteste Ausbildung, die ich bisher genießen durfte. Mit Abstand. Wenns woanders besser ist, freut mich das. Dann hab ich halt einfach Pech gehabt.

Maximer

schotti
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Re: Fachleiter brauchen Grenzen und Kontrollen !

Beitrag von schotti »

Tipps für den Alltag kann man da nicht erwarten, sind oft auch Leute in der Ausbildung, die sich aus der Schulpraxis (aus Gründen?!) zurückgezogen haben.
Maximer hat hier ein riesiges Problem angesprochen. Alle drei Stunden, die ich während meiner Ausbildung bei meinen Fachleitern begutachten musste, wurden in der Reflexion "mangelhaft" bewertet, was auch noch sehr wohlwollen gewesen ist, denn es waren reinste Katastrophen. Ich habe mich teilweise sogar fremd geschämt für diese "Unterrichtsstunden".

Das dieser Umstand bei uns Auszubildenen keinen guten Eindruck hinterlassen hat, liegt logischerweise auf der Hand.

Am Ende der Ausbildung haben 18 von 20 Absolventen innerhalb einer Umfrage unseres Seminares die Ausbildung als "schlecht" oder "sehr schlecht" bewertet.

kecks
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Re: Fachleiter brauchen Grenzen und Kontrollen !

Beitrag von kecks »

...das ist schade. wenn du mal die umfragen hier auf der seite zur ausbidungsqualität aus der retrospektive ansiehst, wirst du sehen, dass das ein einzelfall ist. die meisten erfahren eine fundierte ausbildung im ref. nicht alles ist super, aber grundsätzlich lernt man im ref eine menge. und wenn es die dinge sind, die man nicht nachmachen will.

Maximer
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Re: Fachleiter brauchen Grenzen und Kontrollen !

Beitrag von Maximer »

schotti hat geschrieben:
Tipps für den Alltag kann man da nicht erwarten, sind oft auch Leute in der Ausbildung, die sich aus der Schulpraxis (aus Gründen?!) zurückgezogen haben.
Maximer hat hier ein riesiges Problem angesprochen. Alle drei Stunden, die ich während meiner Ausbildung bei meinen Fachleitern begutachten musste, wurden in der Reflexion "mangelhaft" bewertet, was auch noch sehr wohlwollen gewesen ist, denn es waren reinste Katastrophen. Ich habe mich teilweise sogar fremd geschämt für diese "Unterrichtsstunden".

Das dieser Umstand bei uns Auszubildenen keinen guten Eindruck hinterlassen hat, liegt logischerweise auf der Hand.

Am Ende der Ausbildung haben 18 von 20 Absolventen innerhalb einer Umfrage unseres Seminares die Ausbildung als "schlecht" oder "sehr schlecht" bewertet.
Das klingt schon grenzwertig, was du da schilderst über die Qualität deiner Ausbilder. So schlimm ist es bei uns zum Glück nicht, die Beispielstunden der Ausbilder waren perfektionistisch vorbereitet und haben uns am Anfang schon beeindruckt, im Nachhinein wird einem aber klar, dass das praxisferne Vorführstunden waren und eher auf Nummer sicher gestrickt. Also bewährte Themen, Methoden und dann relativiert sich das wieder.

Die Bewertungen dieser Hospitationen bei Fachleitern waren natürlich hervorragend, denn wer traut sich schon, den eigenen Fachleiter vor versammelter Mannschaft oder überhaupt zu kritisieren. Dass das bei euch "mangelhaft" war, zeigt immerhin, dass ihr keine Angst haben musstet, euch ehrlich zu äußern. Wenn Fehler offen angesprochen werden, kann man davon lernen. Bei uns ist das völlig verkrampft, niemand redet offen über Probleme, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Will auch im Grunde keiner hören.

Maximer

schotti
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Re: Fachleiter brauchen Grenzen und Kontrollen !

Beitrag von schotti »

Maximer hat geschrieben: Das klingt schon grenzwertig, was du da schilderst über die Qualität deiner Ausbilder. So schlimm ist es bei uns zum Glück nicht, die Beispielstunden der Ausbilder waren perfektionistisch vorbereitet und haben uns am Anfang schon beeindruckt, im Nachhinein wird einem aber klar, dass das praxisferne Vorführstunden waren und eher auf Nummer sicher gestrickt. Also bewährte Themen, Methoden und dann relativiert sich das wieder.

Die Bewertungen dieser Hospitationen bei Fachleitern waren natürlich hervorragend, denn wer traut sich schon, den eigenen Fachleiter vor versammelter Mannschaft oder überhaupt zu kritisieren. Dass das bei euch "mangelhaft" war, zeigt immerhin, dass ihr keine Angst haben musstet, euch ehrlich zu äußern. Wenn Fehler offen angesprochen werden, kann man davon lernen. Bei uns ist das völlig verkrampft, niemand redet offen über Probleme, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt. Will auch im Grunde keiner hören.

Maximer
Man sollte meinen, dass es da einen freien Meinungsaustausch gab, aber auch dies muss ich relativieren. Die Fachleiter haben natürlich auch ihre Lieblinge unter den Referendaren und diese durften sich alles erlauben. Die Schleimereien gingen dabei untereinander bereits so weit, dass die Lieblinge noch nicht mal sämtliche Pflichtbesuche zeigen mussten, weil die Noten (natürlich im 1er und 2er Bereich) ja bereits festgelegt seien.

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