Maximer hat geschrieben:
Okay, wir lernen leider keine Gestaltung einer Unterrichtsreihe, das lernen wir entweder an der Einsatzschule von engagierten Mentoren oder später im Job.
Die "Planung von Unterrichtsreihen" halte ich - zumindest in den MINT-Fächern - für eines der zentralen Märchen der Schulpraxis. Man muss sich nur vor Augen halten, dass die ersten Ideen zur zweidimensionalen Dynamik aus den 1970ern stammen und es bis 2011 gedauert hat, bis endlich ein fertiges und erwiesenermaßen lernwirksames Unterrichtskonzept allgemein verfügbar war. Und das wurde nicht von Lehrkräften "mal so nebenbei" entwickelt, sondern war Gegenstand intensiver Forschungsarbeit. Für Lehrkräfte ist die Entwicklung von lernwirksamen Unterrichtsreihen eine nicht leistbare Überforderung, und nach wissenschaftlichen Kriterien evaluieren können sie es sowieso nicht. Die Umsetzung einer fertigen Reihe im Unterrichtsalltag ist für eine durchschnittliche Lehrkraft schon mehr als schwer genug.
Ich sehe das Seminar inzwischen nur noch als reine Prüfungs-Maschinerie. Das, was ich für die Praxis brauche, hol ich mir aus der Praxis und nicht aus der praxisfernen Seminar-Ausbildung. Tipps für den Alltag kann man da nicht erwarten, sind oft auch Leute in der Ausbildung, die sich aus der Schulpraxis (aus Gründen?!) zurückgezogen haben.
Ich kann bei diesen sich wiederholenden Kommentaren zum Thema "Praxisbezug" nicht so ganz glauben, dass die Welt anderenorts vollkommen Kopf steht. Zumindest meine eigene Ausbildung war extrem praxisnah. Kritik kam dort nur regelmäßig von den Referendaren, die a) keinerlei relevante Vorkenntnisse aus Unterrichtsforschung und Lernpsychologie besaßen und daher überhaupt nicht verstanden, worum es ging sowie b) dachten, dass "praxisnah" bedeutet, dass einem ein kleinschrittiges Vorgehen für den Unterricht für den morgigen Tag präsentiert würde.
In der sog. "Praxis" hingegen habe ich bei vielen Ausbildungslehrern gesehen, wie miserabel die Qualität des alltäglichen Unterrichts ist, wie schnell sich dysfunktionale Routinen ohne Korrektiv durch evidenzbasierte Hospitation einschleifen und wie wenig verbindliche Kompetenzen dabei herumkommen.
Von diesen allgemeinen Punkten abgesehen stimme ich aber zu, dass auch Fachleiter Grenzen und Kontrollen brauchen, da sich hier auch schwarze Schafe tummeln, die immer noch versuchen, die irrelevante Sichtstruktur des Unterrichts zu beurteilen oder Referendaren ihre persönlichen Vorlieben aufzudrücken. Es muss für den Lehrerberuf im allgemeinen die Möglichkeit geben, bei konsequenter Minderleistung und Beratungsresistenz entlassen zu werden oder bei mangelnder Eignung für Beförderungsstellen wieder "defördert" zu werden.