Unterricht ist schlecht und wird auch nicht besser..

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Löwenherz
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Re: Unterricht ist schlecht und wird auch nicht besser..

Beitrag von Löwenherz »

Ergänzend zu kecks´ tollen Ausführungen: Was hat das Thema mit der Lebenswelt deiner SuS zu tun, an welchem Punkt kannst du sie thematisch "packen" und "mitnehmen"?

Ich kann vieles was du schreibst unglaublich gut nachvollziehen. Habe gerade zu Beginn auch ganz enorm zu kämpfen gehabt mit der didaktischen Reduktion, aber auch der Lernerorientierung, habe auch immer noch im einen Fach damit zu tun die effektive Lernzeit ausreichend zu nutzen bei allen Leistungsniveaus. Da habe ich mich oft gefangen gefühlt zwischen dem Fachwissen aus dem Studium, den teilweise sehr hohen Anforderungen des Bildungsplans, dem, was ich meinen SuS vermitteln soll, der schulischen Realität dafür teilweise nur eine Wochenstunde zur Verfügung zu haben und noch fehlender Erfahrung didaktisch sinnvollen, zielführenden Unterricht zu planen mit dem Ergebnis, dass ich im ersten Halbjahr viel zu verkopft und theorielastig an Themen herangegangen bin. Für meine SuS war das vermutlich oft echt ätzend, gerettet hat mich gerade in UBs, dass ich ein gutes Classroom-Management von Beginn an hatte und die Beziehungsebene stimmte. Letztere ist zumindest bei mir die Basis, um den oben angesprochenen Lebensweltbezug für meine SuS immer besser hinzubekommen, da ich immer besser verstehe, wo "ihre" Themen sind im Bildungsplanthema und wie ich sie auf diese Reise mitnehmen kann.

Meine persönliche Empfehlung wäre es da, damit zu beginnen deine Gym-SuS zu mögen (ganz wichtige Basis für erfolgreiche Beziehungsarbeit), das macht bereits einiges für deine Haltung gegenüber deinen SuS. Kinder und Jugendliche haben sehr feine Antennen für diese Dinge und reagieren entsprechend darauf. Gute Beziehungsarbeit ist damit die Basis, um SuS gerade auch bei längeratmigeren, für sie langweiligeren Themen oder auch einfach nur Freitag 5.und 6.Stunde noch motivieren zu können. Da machen SuS einiges für dich, auch wenn sie erstmal noch nicht sehen, wofür sie es wissen oder verstehen wollen könnten, wenn diese Basis stimmt. Umgekehrt motiviert mich das Vertrauen, dass meine SuS mir schenken, an meinen Schwachstellen weiterzuarbeiten, um ihnen besseren Unterricht bieten zu können.

Das Gefühl, man müsse an vielen Stellen selbst herausfinden, wie es gut funktionieren kann kenne ich dabei nur zu gut. So fühle ich mich seit Beginn des Refs konstant trotz guter Seminare, hilfreichen Feedbacks durch Mentoren oder Lehrbeauftragte, da es -anders als im Studium- eben nicht einfach nur darum geht Bücher zu lesen, in Kontext zu setzen, zu reflektieren,.. sondern um die praktische Umsetzung, die sowohl in der Planung, als dann auch im konkreten unterrichtlichen Handeln zum Tragen kommt. Das ist ein Prozess, nicht umsonst ist das Ref eine Phase der Professionalisierung, der auch noch nach dem Ref weitergehen wird. Ich versuche mir da immer mal wieder bewusst zu machen, was sich da bereits in mir geändert hat in den letzten Monaten, wo mir die Planung leichter fällt, aber auch wo ich unterrichtliche Routinen entwickelt habe, die meinen Unterricht sinnvoll entlasten bzw.klarer strukturieren als zu Beginn. Das gibt mir die Kraft angesichts des gefühlten "Bergs" an noch zu Lernendem (um so guten Unterricht zu machen, wie mein Selbstanspruch das gerne hätte) nicht den Mut zu verlieren oder die Zuversicht, das schaffen zu können.

kecks
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Re: Unterricht ist schlecht und wird auch nicht besser..

Beitrag von kecks »

es wird alleine schon deshalb werden, weil ihr euch beide konsequent als lernende begreift. die refis mit der großen selbstkritik sind meistens nicht die, die nichts können (werden), und umgekehrt. freilich nur eine faustregel, aber dunning-kruger-effekt greift auch bei angehenden lehrern.

Löwenherz
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Re: Unterricht ist schlecht und wird auch nicht besser..

Beitrag von Löwenherz »

Danke kecks :-)

Servent
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Beitrag von Servent »

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Servent
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Beitrag von Servent »

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MarlboroMan84
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Re: Unterricht ist schlecht und wird auch nicht besser..

Beitrag von MarlboroMan84 »

maxdachs hat geschrieben: Die gängigen Didaktikbücher finde ich für die Ausbildung zum Lehrer auf jeden Fall genauso wenig nützlich wie das Referendariat..
Ich empfinde bzw. empfand beides eigentlich als recht nützlich.

Löwenherz
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Re: Unterricht ist schlecht und wird auch nicht besser..

Beitrag von Löwenherz »

Ich kann mit einigen didaktischen Titeln die im Seminar hoch gehandelt werden auch nur so bedingt etwas anfangen, da mir gerade im ersten Halbjahr praktische Umsetzungsbeispiele für meine Fächer gefehlt haben, um zielgerichtet an meinen Schwachstellen arbeiten zu können. Das wird zunehmend besser mit dem "Mehr" an Unterrichtserfahrung, da ich mehr Umsetzungsideen im Kopf habe und so auch mehr mit Büchern anfangen kann, die vor allem die didaktischen Grundlagen hervorragend darstellen. Als Zwischenschritt, um da für mich voranzukommen und eine Art Blockade im Verständnis lösen zu können, habe ich mir aber erstmal etwas konkretere Literatur für meine Fächer gesucht und viel in didaktischen Fachzeitschriften gestöbert. Der schöne Nebeneffekt ist, dass ich immer mal wieder ein gut aufbereitetes, ansprechendes Material finde bei der Lektüre, und mit den Kollegen in meiner Fachschaft - die mir umgekehrt auch immer wieder tolle Materialien geben- teilen kann.

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