Was tun bei Panik

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Thickstone
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von Thickstone »

Kiggie hat geschrieben:
Max_Cohen hat geschrieben: Der Entwurf dient dazu, exemplarisch zu zeigen, dass man eine lernwirksame Stunde auf dem Stand der Fachdidaktik und empirischen Unterrichtsforschung mit Bezug zu den relevanten Quellen planen und insbesondere fundiert begründete Entscheidungen treffen kann.
Wenn man das nicht kann, dann ist eine "gute Stunde" (was soll das schon heißen?!) ein Zufallsprodukt.
Einige frühere Mitreferendare sind mit dieser Situation erstaunlich gut klar gekommen und haben mehrseitigen Müll abgetippt und als Entwurf verkauft, aber so ist nun mal nicht jeder (was an sich löblich ist).
Dazu findest du Hilfe durch Studium der Fachliteratur und bei deinen Seminarausbildern. Wenn man diese wahrscheinlichere Möglichkeit ausgeräumt hat, dann klingt es in der Tat nach einem Fall für eine psychotherapeutische Behandlung.
Ich kann dem nicht so ganz zustimmen.
Ich bin kein Schreiberling und mit zwei technischen Fächern nicht sonderlich wortgewandt.
Ich kann trotzdem gute Stunden und schlechte Entwürfe abliefern. (Habe ich gestern in meiner UPP erlebt :D)

Meine Fokus bei der Vorbereitung der UPP und auch während des Refs lag nicht auf den Entwürfen. Sie zählen nun einmal auch kaum zur Note. Und wenn das so stresst, würde ich den Fokus erst Recht bewusst mal wegnehmen und schauen wie es dann läuft.
Synopse - Methodische Begründung (Allgemein Ziel -Inhalt - Methode) ist wichtig, aber der Rest ist auch in meinen Augen nur Beiwerk.

Kirsten
(die 2er Stunden und 4er Entwürfe hatte)
Es ist für mich total befremdlich so etwas zu lesen.

Rein formal gehörte der Entwurf bei uns auch nie zur Note, bot aber immer Grundlage für die Reflexion am Ende. Wenn die Stunde didaktisch und inhaltlich klar ist und die Methoden begründet werden können, dann verstehe ich nicht, wie ein Entwurf noch schlecht sein kann. Das hat m.E. Nichts mit Sprachgewandtheit zu tun. Eine Stunde ist erst dann gut geplant, wenn man auf den Punkt genau und präzise erläutern kann, was man da eigentlich in welcher Form machen will.

Insofern interessant, dass da verschieden Wert drauf gelegt wird.

Kiggie
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von Kiggie »

Thickstone hat geschrieben:
Kiggie hat geschrieben: Meine Fokus bei der Vorbereitung der UPP und auch während des Refs lag nicht auf den Entwürfen. Sie zählen nun einmal auch kaum zur Note. Und wenn das so stresst, würde ich den Fokus erst Recht bewusst mal wegnehmen und schauen wie es dann läuft.
Synopse - Methodische Begründung (Allgemein Ziel -Inhalt - Methode) ist wichtig, aber der Rest ist auch in meinen Augen nur Beiwerk.

Kirsten
(die 2er Stunden und 4er Entwürfe hatte)
Es ist für mich total befremdlich so etwas zu lesen.

Rein formal gehörte der Entwurf bei uns auch nie zur Note, bot aber immer Grundlage für die Reflexion am Ende. Wenn die Stunde didaktisch und inhaltlich klar ist und die Methoden begründet werden können, dann verstehe ich nicht, wie ein Entwurf noch schlecht sein kann. Das hat m.E. Nichts mit Sprachgewandtheit zu tun. Eine Stunde ist erst dann gut geplant, wenn man auf den Punkt genau und präzise erläutern kann, was man da eigentlich in welcher Form machen will.

Insofern interessant, dass da verschieden Wert drauf gelegt wird.
Es geht nicht um verschiedenen Wert. Es gibt auch gute Entwürfe und dann ist die Stunde eine ganz anders gezeigte (auch das habe ich geschafft). Daher liegt die Priorität bei mir einfach anders. Die Planung der Stunde steht im Vordergrund.
Meine Entwürfe waren auch deswegen nicht so gut, weil zu wenig Theorie dahinter (ist in manchen Fächern aber auch schwer bis unmöglich, wenn es keine Didaktik gibt.)

Wenn nun aber jemand Panik wegen den Entwürfen hegt, würde ich den Fokus erst einmal davon weglenken. In NRW zählt die Stunde 15 % und der Entwurf 5 % im Examen. Das ist Fakt.

kuddelmux
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von kuddelmux »

Ich kann dich, lieber TS, sehr gut verstehen. Mir ging es ähnlich; in der Schulzeit und im Studium hatte ich nie Prüfungsangst und war immer sehr gelassen, auch beim 1. Staatsexamen. Im Verlauf des Refs wurde ich mit der Zeit mehr und mehr panisch und hatte Angst vor den UBs.

Ich kann dir nicht wirklich einen Tipp geben, außer, dass es sich lohnt zu kämpfen. Ich habe mir gesagt: Das sind die letzten Prüfungen deines Lebens, danach wird alles besser werden; und so ist es dann auch gekommen

Max_Cohen
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von Max_Cohen »

Rets hat geschrieben:@Max_Cohen

Grundsätzlich bin ich bei dir, aber du denkst für meinen Geschmack hier zu sehr in schwarz und weiß. Ohne dass ich hier verallgemeinern zu will, aber Physik / Mathe Menschen (o.ä.) haben in ihrem Studium kaum einen geraden Satz schreiben müssen. In meinem Seminar gab es da viele, die Schwierigkeiten bei den Entwürfen hatten. Da mag man schon gut planen können, dies jedoch nicht ordentlich und kompakt darzustellen vermögen. Und das ist meiner Ansicht nach schon möglich: Gute Stunde planen, aber den Entwurf nicht sauber formulieren können. Das macht diese Menschen nicht zwingend zu Lehrern, die nur mit Glück eine gute Stunde hinkriegen.
Zusätzlich zum unterstützenswerten Beitrag von Thickstone möchte ich hinzufügen, dass alle Fächer einen Beitrag zur durchgängigen Sprachbildung der Schüler leisten müssen. Insofern muss ein Lehrer unabhängig vom Fach Texte auf einem angemessenen Niveau verfassen können und dies auch im mündlichen Sprachgebrauch leisten (ich stamme übrigens selbst aus dem von dir genannten Bereich).

Rets
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von Rets »

@Max_Cohen


Wieder stimme ich dir grundsätzlich zu. In der Sache stimmen wir - so mein Gefühl - vollständig überein. Lehrer müssen wissen was sie, wann, warum tun. Sie müssen das im Rahmen der Planung vorab wissen und ggf. begründet davon abweichen können. Sie müssen das auch schriftlich niederlegen können und sie müssen in jedem Fach einen Beitrag zur sprachlichen Bildung der Schüler liefern.

Der einzige Unterschied zwischen uns ist: Ich erkenne an, dass Lehrer - insbesondere Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst, aber auch danach - dies auf unterschiedlichem Niveau tun. Lehrer sind keine didaktischen Maschinen, die auf jedes unterrichtliche Geschehen eine theoriefundierte perfekt passende Antwort liefern können.

Zurück zum Entwurf, um ein Beispiel zu geben, wo das Verschriftlichen auf Schwierigkeiten stößt:

Ich weiß nicht, wie du deinen Unterricht geplant hast im Ref, aber es gibt zigtausend Ebenen, die man durchdenkt, die aber für die aktuelle Stunde / Lerngruppe / ... nicht immer übermäßig relevant sind. Genderaspekte, Migrationsaspekte, familiärer Hintergrund der Schüler, Gibt es aktuell Streit in der Klasse, Alter der Schüler, Trends im Umfeld der Schüler, Zeitfenster der Stunde (1. oder 6. Stunde), Unterricht in der Vorstunde, Klassenarbeiten vorher oder nachher ... usw.

Das alles sind Dinge, die ich für jeden UB mit bedacht habe, aber für die meistens Unterrichtsstunden sind diese Fragen eher im Hintergrund relevant. Damit gilt für die meisten UBs als Referendar: Diese Dinge verdienen im Entwurf einen Nebensatz. Nur wenn der Dreiklang aus Lerngruppe, Stoff und Zielen es unbedingt nötig macht, geht man auf diese Fragen genauer ein. Und genau das ist dann aber auch für sehr genau planende Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst manchmal ein Problem: Was packe ich in die 5-8 Seiten Entwurf rein und was nicht? Ich selbst hätte immer locker das Dreifache schreiben können. Ging es dir nicht so?

Max_Cohen
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von Max_Cohen »

@Rets:

Wir können hier mal ein Faß für dieses so wichtige Thema aufmachen. Ich beurteile dies natürlich aus der Sichtweise der MINT-Fächer, da es hier mit Abstand die meiste belastbare Forschung gibt.

Was Klafki "Primat der Didaktik" nannte, sehe ich in den Forschungsergebnissen bestätigt. Der Hauptteil meiner Entwürfe bezog sich daher stets auf didaktische Aspekte. Gemeint ist damit das, was man in den didaktischen und lernpsychologischen Vorbemerkungen zum Mechanik-Konzept von Wiesner, Wilhelm, Tobias, Waltner, Hopf & Rachel findet: Es kommt auf geeignete Strukturierungs- und Unterstützungsmaßnahmen an.
Der Kern der Arbeit liegt darin, herauszufinden, durch welche gedanklichen Schritte möglichst alle Schüler nachhaltig eine angemessene und flexible mentale Repräsentation des Lerngegenstands aufbauen und falsche Alltagsvorstellungen dauerhaft ersetzen können. Dies - und das ist der große Dämpfer - kann man eigentlich nur durch intensive und kleinteilige Forschung herausfinden, siehe o.g. Mechanik-Konzept. Wenn keine Forschungsergebnisse vorhanden sind, wird man sich intensiv damit auseinandersetzen und eben mehrere mögliche Wege schriftlich darstellen und sich begründet für einen entscheiden müssen.
Ich vertrete sogar die Ansicht, dass auch die im Rahmen von UPP-Entwürfen geforderte Reihenplanung immer nur nach notwendigen Kriterien wie sachlicher Richtigkeit und einer logisch sinnvollen Abfolge von Lernschritten beurteilt werden können - solange es keine Forschung dazu gibt, ob das lernwirksam ist, kann kein Lehrer oder Ausbilder der Welt im Vorfeld beurteilen, ob die Reihe lernwirksam ist. Nur, wenn es offensichtliche Brüche/Widersprüche/Gedankensprünge etc. gibt, kann man natürlich sagen, dass das nichts wird.
Hier kann man erneut auf das o.g. Konzept erweisen, das gerade aus dem Bedürfnis heraus entwickelt wurde, dass man den klassischen Mechanik-Unterricht auch hätte ausfallen lassen können. Die nachhaltigen Lernergebnisse waren ziemlich genau bei Null, trotz sachlicher Richtigkeit und fachlich sinnvoller Abfolge der Lernschritte; für Schüler war und ist aufgrund ihrer Alltagsvorstellungen der Begriffsaufbau auf diesem Wege prinzipiell nicht leistbar.

Erst danach schließt sich, ausgehend von einer Analyse der Lerngruppe, sowohl die konkrete methodische Umsetzung an (z.B. wird man in schulisch schlecht sozialisierten Klasse begründet auch im UB Zeit für das Einschleifen eines simplen TPS und damit verbundene erzieherische Aspekte investieren, anstatt im Gruppenpuzzle den Raum und sein Nervenkostüm verwüsten zu lassen oder man wird "Streithähne" nicht zusammenarbeiten lassen) als auch die Wahl geeigneter Unterstützungsmaßnahmen wie z.B. Hilfekarten auf Grundlage des formativen Assessments, das man zuvor durchgeführt hat. Entsprechend ist dieser Bereich im Vergleich zur didaktischen Sachanalyse und didaktischen Strukturierung in meinen Entwürfen kürzer ausgefallen.

Gleichwohl muss ich dir zustimmen, dass auch Aspekte wie der familiäre Hintergrund oder sozioökonomische Status der Schüler sehr bedeutsam sein können. Dies bezieht sich aber hauptsächlich sprachliche oder gesellschaftswissenschaftliche Fächer; in Mathe fiele mir jetzt nur ein, dass ich im sozialen Brennpunkt keine Stunden zu Anlagestrategien o.ä. halten würde. Aber auch diese Voraussetzungen hätten ja wiederum Einfluss auf die didaktische Aufarbeitung des Lerngegenstands.

Rets
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Re: Was tun bei Panik

Beitrag von Rets »

Ich verstehe nich ganz, was du mir sagen willst. Ich gehe mit dir, dass Lehrer als Akademiker ihren Job auf Basis empirischer Studien bzw. allgemein: aktueller Forschung ausüben müssen. Genau dies müssen sie dann auch darlegen können. Ich fände es aber ziemlich hartherzig, jedem das Lehrersein abzusprechen, der das nicht super klar schriftlich darlegen kann.

Übrigens: Neben der didaktischen Analyse des Gegenstandes ist die Lerngruppe sehr wohl ein gleichberechtigt wichtiger Aspekt für die Stundenplanung. Und da macht es schon einen Unterschied. Ich habe mal in einer Stunde in Klasse 7 Mathematik (kein UB) den Alkoholgehalt eines Bieres ausrechnen lassen (Prozentrechnung halt). Dafür habe ich aus der Chemie Messbecher geholt, das Bier rein gekippt und später haben wir dann den tatsächlichen Anteil an Alkohol mit Spiritus in kleineren Messbechern dargestellt. Hier spielt die Lerngruppe eine erhebliche Rolle. Hinzu kommt die Beziehung, die ich zur Lerngruppe habe. So etwas würde ich bei weitem nicht in jeder Klasse machen. Da gibt es genug pubertierende Jugendliche, die ausflippen würden, sobald man ein Bier mit in den Unterricht bringt.

Weitere Beispiele gibt es en masse (Medianes vs. mittleres Einkommen, Männliche oder weibliche Protagonisten in MINT-Aufgabenrahmungen usw.). Da spielen diese Dinge, die ich genannt habe, überall mit rein. Sie sind halt selten zentral. Und da gebe ich dir auch wieder Recht: So etwas hat meistens untergeordnete Bedeutung gegenüber anderen Fragen.

Wieder: Ich vermute, dass wir ein sehr ähnliches Bild von idealem Lehrerhandeln haben.
Unser Umgang mit den ganzen nicht idealen Lehrern scheint aber unterschiedlich zu sein. Übrigens würde ich mich auch unter die nicht idealen Lehrer rechnen...

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