Zweite Staatsexamenprüfung nicht bestanden! Was nun?

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
jordanoo
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Zweite Staatsexamenprüfung nicht bestanden! Was nun?

Beitrag von jordanoo »

Hi Leute,
es ist schon ein Jahr vergangen nachdem ich durchgefallen bin (Meine Fächer sind Musik und Kunst, Hauptschule).
Nun möchte ich meine Erfahrungen mitteilen und erzählen, wie es mir weiter ging.

Noch am Anfang des Refs teilte meine Fachleiterin mit, dass ich mir einen anderen Beruf aussuchen sollte. Das erste mal wurde ich nicht zugelassen, das zweite mal wurde ich zu der Prüfung zugelassen und mit 4 (Kunst) und 5(Musik) abgeschlossen.
Ich hatte das Gefühl, dass meine Fachleiterinen mir nicht helfen wollten und von ihren negativen Einschätzungen über meine berufliche Fähigkeiten überzeugt waren. Der Seminarleiter hatte eine andere Einschätzung, aber er konnte den Ausgang nicht verhindern.


Grundsätzlich denke ich, dass das System faul ist und die Bewertungen oft nicht objektiv sind.
Man rennt die ganze Zeit durch und schuftet wie eine Sau und schließlich wird dann ausgespuckt.
Im diesen Jahr sind noch mehr Leute durchgefallen (ich habe durch meine Kontakte die aktuelle Situation erfahren -15 Personen)
Das Land braucht dringend Lehrer und schmeißt einfach Akademiker weg.
In den Schulen unterrichten sogar Lehrer aus anderen Ländern, die die Deutsche Sprache nicht ausreichen gut beherrschen. Aber auch insgesamt sind die Lehrer längst nicht mehr Vorbilder für die SuS.

Derzeit unterrichte ich Klavier - Einzelunterricht in einer privaten und einer staatlichen Schule, dazu habe ich privat-SuS. Zusätzlich arbeite ich als Webdesigner und bereite ich eine Malereiausstellung vor. Ich verdiene zur Zeit ca 2000 Euro Netto.

MLG Jordano

IrrwitzHoch10
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Registriert: 06.12.2012, 22:41:21

Re: Zweite Staatsexamenprüfung nicht bestanden! Was nun?

Beitrag von IrrwitzHoch10 »

Hallo jordanoo,
jordanoo hat geschrieben: Noch am Anfang des Refs teilte meine Fachleiterin mit, dass ich mir einen anderen Beruf aussuchen sollte.
Natürlich war hier niemand dabei, insofern kann man nichts weiter dazu sagen, aber die Erfahrung, dass häufiger erschreckend früh solche Urteile fallen, ist mir allerdings vertraut. Einer guten Freundin wurde von der Fachleiterin nach der 1. Probestunde (in einer unbekannten Klasse) bereits nahegelegt, sich doch besser einen anderen Beruf zu suchen. Sie war einfach nervös und die Stunde lief wohl nicht besonders rund.

Diese Fachleiterin war dann von ihrem Vorurteil kaum mehr abzubringen, der Rest des Refs war ein Kampf gegen diese Person. Glücklicherweise standen alle anderen Ausbilder/Mentoren geschlossen hinter besagter Freundin, so dass sie ihr Ref am Ende dennoch erfolgreich abschließen konnte (wer sie dabei am schlechtesten bewertete, dürfte klar sein). Heute ist sie eine bei ihren SuS außerordentlich beliebte und leidenschaftliche Lehrerin.

Deine Situation kenne ich wie gesagt nicht, aber solche frühen Urteile kann ich aus rein zwischenmenschlichen Gründen generell nicht nachvollziehen.
jordanoo hat geschrieben: Der Seminarleiter hatte eine andere Einschätzung, aber er konnte den Ausgang nicht verhindern.
Eigentlich kann man es auf grundlegende Aspekte reduzieren: Durchgelassen wird derjenige, der den Prüfern geeignet erscheint, dabei wird i.d.R. ein Idealbild (verkapptes Persönlichkeitsparadigma) zur Orientierung/Bewertung herangezogen und die spezifischen Fähigkeiten der jeweiligen Person bleiben unberücksichtigt und werden auch nicht gefördert. Stattdessen wird Opportunismus als auszeichnende Fähigkeit eingefordert.

Wenn es entscheidend anders läuft, ist das als erfreuliche Ausnahme (um nicht zu sagen: Glücksfall) anzusehen. Punkt.
jordanoo hat geschrieben: Derzeit unterrichte ich Klavier - Einzelunterricht in einer privaten und einer staatlichen Schule, dazu habe ich privat-SuS. Zusätzlich arbeite ich als Webdesigner und bereite ich eine Malereiausstellung vor. Ich verdiene zur Zeit ca 2000 Euro Netto.
Dein Gehalt ist mir egal (ein Mensch sollte seinen Wert nicht im Geldbeutel suchen), aber dass du den Kopf nicht in den Sand steckst und dich nun anderweitig verwirklichst, finde ich toll und daher wünsche ich, dass du außerhalb der Schule weiter deinen eigenen Weg findest! :-)

Besten Gruß
Irrwitz

jordanoo
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Re: Zweite Staatsexamenprüfung nicht bestanden! Was nun?

Beitrag von jordanoo »

Hallo Irrwitz,
besten dank für deine Antwort.

Das Leben ist schöner geworden nach dem Referendariat. Ich fühle mich gewachsen (bin auch einbisschen dicker geworden ;-)).

Ich wünsche allen Referendaren viel Erfolg!

MLG Iordan

tiger
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Registriert: 12.02.2017, 2:21:44

Re: Zweite Staatsexamenprüfung nicht bestanden! Was nun?

Beitrag von tiger »

jordanoo hat geschrieben: In den Schulen unterrichten sogar Lehrer aus anderen Ländern, die die Deutsche Sprache nicht ausreichen gut beherrschen.
Das sagt der Richtige. Die Ironie dieses Satzes fällt dir nicht auf?

sabisteb
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Registriert: 02.10.2015, 15:09:13

Re: Zweite Staatsexamenprüfung nicht bestanden! Was nun?

Beitrag von sabisteb »

Das Land braucht dringend Lehrer und schmeißt einfach Akademiker weg.
In den Schulen unterrichten sogar Lehrer aus anderen Ländern, die die Deutsche Sprache nicht ausreichen gut beherrschen.
Da is aber was drann. Im Osten unterrichten Lehrer aus Polen Deutsch... Da stört man sich nicht am Akzent.
Bei Referendaren, die Englisch unterrichten, wird dann der Deutsche Akzent bemängelt.
Das nenne ich mal mit zweierlei Maß messen.

Es ist schön, dass an Beruflichen Schulen Lehrer mit Migrationshintergrund unterrichten. Die sind ein Vorbild für Schüler mit Migrationshintergrund. Aber, verstehen sollte man sie schon gut können, erst recht, wenn sie Physik und Chemie unterrichten.

Es ist schon mit zweierlei Maß gemessen, wenn Direkteinsteiger einfach mal so unterrichten mit 5jahres Vertrag und Referendare gepiesakt werden und in die Verlängerung gehen müssen, weil ihre Lehrerpersönlichkeit nicht optimal ist.
Wenn Referendare durchgefallen werden, dann aber mit Direkteinsteigern aufgefüllt wird, die gar keine Pädagogik, kein Praxissemester und keine Erfahrung im Unterrichten haben, dann ist was seltsam.

Ich sehe derzeitig an Unterlagen von Referendaren, die mit 1,0 ihre Prüfung gemacht haben, dass deren Vokabellisten auch nur die deutschen Spalten zum Ausfüllen haben und alle englischen Definitionen gegeben sind. Das wurde mir bereits im UB angekreidet. Soooo ginge das nicht. WTF?!
Klar, anderer Fachleiter, aber der eine darf/muss, der andere nicht und das am gleichen Seminar?!

tiger
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Re: Zweite Staatsexamenprüfung nicht bestanden! Was nun?

Beitrag von tiger »

sabisteb hat geschrieben:Referendare gepiesakt werden und in die Verlängerung gehen müssen, weil ihre Lehrerpersönlichkeit nicht optimal ist
Na, "nicht optimal" ist stark untertrieben: Wer verlängern muss, ist ein grenzwertiger Fall, bei dem man sich nicht sicher ist, ob man ihn überhaupt auf Schüler loslassen kann.

sabisteb
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Registriert: 02.10.2015, 15:09:13

Re: Zweite Staatsexamenprüfung nicht bestanden! Was nun?

Beitrag von sabisteb »

Jau, aber der Direkteinsteiger wird gleich mal ohne Prüfung auf Schüler losgelassen...

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