Schei* Referendariat!

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
rissig21
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Re: Schei* Referendariat!

Beitrag von rissig21 »

Stark hat geschrieben: Ich habe das noch nicht erlebt. Was ich hingegen schon erlebt habe - und regelmäßig in mündlichen Abiturprüfungen erlebe - ist, dass Leute, die sich gut verkaufen können, imme besser durch die mündlichen Prüfungen kommen. Das ist ein zweischneidiges Pferd: Einerseits scheint das ungerecht, andererseits sind ja mündliche Prüfungen genau auf Kompetenzen im Bereich der Präsentationsfähigkeit ausgelegt. So gesehen hat dieses Phänomen auch irgendwo seine Berechtigung.
Ja klar, aber am Ende muss man sich dann halt doch wieder fragen, was jetzt eigentlich geprüft werden soll... ob jemand in Prüfungssituationen gut funktionieren kann oder ob jemand guten Unterricht im Alltag (bezogen aufs Ref) abliefern kann...

Ich gehöre z.B. zu den Leuten, die in mündlichen Prüfungen oft nervliche Probleme haben und meistens ihr Können und Wissen nicht richtig in Szene setzen können, ohne Beobachtung/Prüfer ist der Kopf frei und keine Hand zittert und kein Stift fällt auf den Boden...

Aber hey: Anpassung an die Prüfungsbedingungen ist die halbe Miete und wer hier Probleme hat, der hat vielleicht auch noch ganz andere Probleme. Könnte man sozusagen als "Hidden Prüfplan" bezeichnen, wenn du weißt, was ich damit meine... hihi

Rets
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Re: Schei* Referendariat!

Beitrag von Rets »

Stark hat geschrieben:Ja, das sehe ich durchaus auch so; die "Anforderungen deutlich übertreffen" heißt nicht perfekt. Aber ich würde mal behaupten, dass die meisten UBs, die mit Eins bewertet werden, auch nicht wirklich perfekt sind. Wie gesagt, man findet doch immer irgendwas!


Das bringt mich zum Nachdenken. Vermutlich hast du damit Recht (es erscheint sogar sehr wahrscheinlich). Aber als Referendar merkt man von diesem Spielraum zwischen "perfekt" und 15 Punkten irgendwie recht wenig.

Für meinen "LieblingsUB", der sich für mich sogar rückblickend als Wendepunkte in meiner Sicht auf das Ref darstellt, kann man das Feedback in etwa so zusammenfassen: "Sie haben für dieses schwierige Ziel methodisch und fachdidaktisch alles sehr gut gemacht, aber das AB war nicht perfekt. Da wäre noch mehr drin gewesen. 11 Punkte"

Übrigens: Die vorgeschlagenen Änderungen am AB war nicht sehr groß...

Stark
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Re: Schei* Referendariat!

Beitrag von Stark »

Machen wir uns nichts vor: Man hat als Prüfer immer irgendwie Hemmungen, Extremnoten (1 oder 6) zu geben. Das wurde uns überigens im Ref auch ein wenig eingehämmert.
Das geht mir natürlich auch so, auch wenn ich mich wirklich bemühe, mich davon zu lösen. Aber ich hatte auch erst neulich die Situation, dass mich ein Oberstufenschüler, dem ich mündlich 14 Punkte gegeben habe, gefragt hat, was er denn noch für die 15 verbessern sollte. Es hat mich ziemlich erschreckt, dass ich darauf keine Antwort hatte, die dem Wissensstand des Schülers angemessen war - ich hätte wirklich nur mit "nicht perfekt" argumentieren können. Deshalb bin ich doch auf die 15 hochgegangen, obwohl Noten im Nachhinein sehr ungern ändere.

Das mit deinen 11 Punkten klingt erstmal sehr unfair. Vielleicht war es das auch. Ich war ja nicht dabei. Ich habe aber auch gemerkt, dass ich bei vielen Stunden, die ich als Ref erstellt habe und bei denen ich die Kritik nicht nachvollziehen konnte, später mit mehr Erfahrung tatsächlich zum gleichen Urteil gekommen bin wie mein Seminarlehrer.
Dass das im aktuellen Frust nicht hilft, ist natürlich auch klar.

tiger
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Re: Schei* Referendariat!

Beitrag von tiger »

sabisteb hat geschrieben:Im Vergleich zum Ref war die Promotion ein Spaziergang und das waren 6-7 Tage pro Woche mit normalen 10 Stunden im Labor
Der Unterschied zum Referendariat liegt eben darin, dass man im Referendariat viel öfter bewertet wird, als wenn man ein paar Jahre promoviert und von einem am Ende eine Handvoll veröffentlichte Artikel und eine Dissertation, deren Inhalt der Doktorvater bereits kennt (zumindest in den Naturwissenschaften), erwartet werden. Natürlich steht man (wenn man experimentell arbeitet) stundenlang im Labor und ärgert sich mit technischen Problemen herum, aber der Zeitdruck hält sich dabei über weite Strecken in Grenzen. Ich habe diese Zeit jedenfalls als stressfrei erlebt - deutlich entspannter als das Studium als auch als das Referendariat.

rissig21
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Re: Schei* Referendariat!

Beitrag von rissig21 »

tiger hat geschrieben: Ich habe diese Zeit jedenfalls als stressfrei erlebt - deutlich entspannter als das Studium als auch als das Referendariat.
Im Freundeskreis gabs da aber große Unterschiede. Befreundete Mediziner haben quasi über Nacht promoviert, ein Geisteswissenschaftler saß 10 Jahre dran (und hat am Ende doch abgebrochen, da sein Doktorvater in Pension ging) und dazwischen ist die Spannbreite groß. Das Problem ist glaube ich wirklich, dass man bei Promotionen erst unterwegs merkt, ob und wie es läuft und davon hängt es dann ab. Wenn alles rund läuft, ist die Bestnote natürlich quasi sichergestellt, denn der Doktorvater benotet sich ja auch selbst - schlechtere Note bedeutet immer auch, dass die eigene Ausbildung/Betreuung bzw. Fachgebiet nicht so viel hergibt. Aber wem sag ich das.

Rets
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Re: Schei* Referendariat!

Beitrag von Rets »

Stark hat geschrieben:Das mit deinen 11 Punkten klingt erstmal sehr unfair. Vielleicht war es das auch. Ich war ja nicht dabei. Ich habe aber auch gemerkt, dass ich bei vielen Stunden, die ich als Ref erstellt habe und bei denen ich die Kritik nicht nachvollziehen konnte, später mit mehr Erfahrung tatsächlich zum gleichen Urteil gekommen bin wie mein Seminarlehrer.
Dass das im aktuellen Frust nicht hilft, ist natürlich auch klar.

Ich hab gar kein Problem mit 11 Punkten an sich. Und mich stört auch nicht, dass das in meinen Noten ungerechtfertigt wäre. Ich fühle mich eigentlich insgesamt sehr fair im Ref bewertet und denke, dass die Ausbilder letztlich ja auch den Vergleich zu anderen Referendaren haben, die denen ständig das Beste zeigen wollen, was sie so drauf haben.

Mir hat dieser UB vor allem die Augen für die Willkür geöffnet, der man ausgeliefert ist. In der Besprechung war noch ein anderer Referendar als Hospitant mit dabei. Als der Ausbilder am Ende der Reflexion noch einmal ein wertendes Gesamtresümee gezogen hat, hat er erst relativ lange und viele Wörter benutzt, die äußerst positiv waren (was ja auch schön ist - "fertig gemacht" wurde ich nie) und dann halt die Bewertung 11 Punkte gegeben. Der andere Referendar und ich waren uns einig, dass wir in der Notenbesprechung mit Schülern bei solchen beschreibenden Worten gar nicht um eine 1 herum kommen könnten. Das hat bei mir irgendwie einen faden Beigeschmack hinterlassen...

Kapartia
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Re: Schei* Referendariat!

Beitrag von Kapartia »

Rets hat geschrieben:
Mir hat dieser UB vor allem die Augen für die Willkür geöffnet, der man ausgeliefert ist. ...

Einer der von uns befragten Refis schilderte folgenden Vorfall:
Mündliche Modulprüfung zum Thema interkulturelle Bildung. Der Refi wird von der Prüferin gefragt "Kann interkulturelle Bildung auf einer Klassenfahrt nach Italien oder Frankreich oder Spanien stattfinden?" Antwort des Refis war: "Ja natürlich, da es ja durchaus erlebbare kulturelle Unterschiede gibt und man die Lernenden dafür sensibilisieren kann.".

Dann kam die zweite Frage der PRüferin "Und wie sieht das mit Klassenfahrten nach Namibia und China aus?". Der Refi antwortete (Protokoll dazu hab einsehen dürfen von ihm): "Da natürlich noch mehr als bei Klassenfahrten nach Italien und Spanien. Vor allem bei Fahrten in deutlich fremdere Kulturkreise wie z.B. China/Namibia/Israel/Sri Lanka/Indien/USA/Südamerika bieten das Potenzial eines ersten Kulturschocks, der die Schüler vor unterschiedliche Probleme stellen kann. Wenn man dies gut vorbereitet und nachbereitet, kann man den Lernenden dort unterschiedlichste Problemfelder aufzeigen, die sich im Kontakt mit fremden Kulturen ergeben und auch Möglichkeiten aufzeigen und "üben", und Strategien dafür entwickeln, wie solche Probleme vermieden oder sinnvoll gelöst werden können."
(Es folgte eine noch differenziertere und m.E. sehr gut aufgegliederte Möglichkeit einer Vorgehensweise hierfür.)

Der Refi ging aus der Prüfung mit der Note 2,0 raus. Einzige Begründung der Prüferin: Tolle Ausführungen zur interkulturellen Bildung auf Klassenfahrten, aber an meiner Schule funktioniert das nicht so richtig, da sich die betreffenden chinesischen Kollegen wo wir zu Gast waren sich nicht so richtig um uns gekümmert haben und auch unsere Kollegen ein wenig mit dem Kulturschock überfordert waren."

Da fragt man sich dann als Außenstehender: WAS IST DA LOS?
Und wenn sowas problemlos durchgeht als einzige Begründung für eine (zwar nicht schlechte, aber scheinbar durchaus bessere) Benotung und die Prüfer da auch gar kein Problem drin sehen, dann läuft irgendetwas gewaltig schief.
Auf Nachfrage des Refis, was dies für eien Begründung sei bekam er lediglich die Antwort "Na das zeigt doch, das interkulturelle Bildung so seine Grenzen hat oder nicht?"

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