Ratlosigkeit

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
bayrische_Füchsin
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Re: Ratlosigkeit

Beitrag von bayrische_Füchsin »

Ich schildere mal meine Erfahrungen: Ich war mir das ganze Studium über unsicher, ob ich wirklich ins Lehramt möchte. Letztlich bin ich relativ "knapp" ins Referendariat gegangen (Doktorarbeit war aus Gründen geplatzt) und bin nun total glücklich darüber. Meine Einstellung fürs Ref war: Einfach mal gucken, was passiert. Das Ref wollte ich machen, komme was wolle. Wenn es mir in der Schule nicht gefällt, mache ich eben nach dem Ref was anderes. Ja, es gibt stressiger Phasen - aber mir bleibt noch Zeit für 2x die Woche Sport und Musikunterricht. Und die Zeit nehme ich mir einfach. Natürlich gibt es manchmal Stunden, die dann eben weniger gut vorbereitet sind. Aber dafür bin ich zufrieden in meiner Ausbildungssituation und bisher habe ich von meinen Ausbildern auch gute Rückmeldungen bekommen.
Es ist alles eine Frage der Organisation. Und selbst wenn du dich irgendwann gegen die Schule entscheidest - beende das Ref!! Nur dann ist deine Berufsausbildung wirklich abgeschlossen und die Kompetenzen, die du im Ref erlernst, kannst du auch in anderen Berufen nutzen.
BL Bayern, Ma/Ph, verbeamtet und glücklich :)

tiger
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Re: Ratlosigkeit

Beitrag von tiger »

Mazon hat geschrieben:Es ist so, dass ich (...) meine Zweifel, Ängste und Sorgen nicht aus dem Kopf bekomme. (...) ich befinde mich im Moment in einer fruchtbaren Kriese. (...) bereiten mir große Sorge. (...) Ich könnte noch 1000 weitere Ängste, Sorgen und Bedenken aufzählen. (...) sodass die Bedenken immer größer werden. Ich fühle mich aber unglaublich unter Druck (...) was mir große Sorge bereitet (...) kein Feierabend und keine Wochenenden, schlechte Jobaussichten für schlechtere Abschlüsse als 1,0 und mangelnde Vorbereitung durchs Studium (...) vor dem absoluten Nichts zu stehen (...) Ich habe nur ein Leben und im Moment steht es ob dieser Problematik still.
Das hört sich für mich nach einer Depression an. Such dir bitte psychologische Hilfe.

Mazon
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Re: Ratlosigkeit

Beitrag von Mazon »

Vielen Dank für die Antworten. Also ich hoffe mal nicht, dass ich an einer psychischen Krankheit leide, aber natürlich erlebe ich die Situation im Moment als sehr belastend. Die Herangehensweise, "mal gucken was passiert", ist sicherlich die beste, aber irgendwie gelingt mir das eher selten. Natürlich wäre die Berufsausbildung mit dem 2. Staatsexamen abgeschlossen, aber erkennen das Firmen überhaupt an bzw. gibt es mit 2. Staatsexamen wirklich Berufsmöglichkeiten, die nichts bzw. weniger mit Schule zu tun haben?

Krambambuli
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Re: Ratlosigkeit

Beitrag von Krambambuli »

Wow, du machst dir ja vorher schon tausend Gedanken ohne überhaupt wirklich angefangen zu haben. Wart doch erstmal ab wie es bei dir wird!
Wenn ich vorher so eine Panik gehabt hätte, hätt ich das glaub ich gar nicht erst probiert... Und dann wäre mir eine für mich große Chance verloren gegangen.

Diese Junglehrer von denen du schreibst.. Puh sorry aber egal ob man Lehrer ist oder Kassierer im Supermarkt oder Arzt oder Clown oder wasweissich, wenn man permanent "gestresst" und "traurig" ist sollte man sich schnellstmöglich a) einen anderen Job und/oder b) einen guten Therapeuten suchen.

Ich bin in meinem zweiten Jahr auf einer vollen Stelle tätig, mit Klassenleitung, zwei Korrekturfächern und verschiedenen weiteren Aufgabenbereichen für die ich in der Schule zuständig bin. Ich liebe meinen Job und möchte nichts anderes machen.
Das Ref war für mich persönlich die Hölle, was aber weniger mit dem Arbeitsaufwand und mehr mit schwierigen Mentoren/Fachleitern zu tun hatte. Aber auch das habe ich überstanden, so wie meine 3 Mitreferendare an der Schule auch. Wir waren alle in unserem privaten Umfeld gefestigt und haben uns gegenseitig unterstützt. So hat es geklappt und man hat diese anstrengende Zeit überstanden.

Organisation ist alles, nette Kollegen braucht man auch.
Das ist es auch was ich fürs Ref empfehlen würde, lernen wie man seinen Lehreralltag am effektivsten organisiert.

Also ich kenn dich nicht und kann niemandem über das anonyme Internet einen so persönlichen Ratschlag geben, aber vielleicht entspannst du dich mal etwas bevor die ganze Sache überhaupt angefangen hat ;-)

Alles Gute!

Nedyar
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Re: Ratlosigkeit

Beitrag von Nedyar »

Du hattest ja gefragt, ob man mit dem 1. Stex auch andere Berufe ausüben kann- zumindest dazu könnte ich noch meine persönliche Erfahrung schreiben. Ansonsten wurden dir ja schon viele Tipps und Perspektiven gegeben.

Ich bin mit dem 1. Stex in die Jugendhilfe gerutscht und arbeite inzwischen im AfSD (Jugendamt). Ist jetzt vielleicht nicht das, was DU möchtest- wollte damit nur sagen, dass es mit dem 1. Stex natürlich möglich ist, in anderen Bereichen zu arbeiten. Du hast immerhin einenStudienabschluss- das ist nun auch nicht von der Hand zu weisen.

Katta
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Re: Ratlosigkeit

Beitrag von Katta »

Mazon hat geschrieben: Die Aussicht auf 70 Stunden-Wochen ohne Freizeit, Sport und Wochenende bereiten mir große Sorge. Ich bin durchaus bereit viel zu arbeiten, aber das ist doch zu viel verlangt. Ich dachte immer, dass sei "nur" während des Referendariat so, aber ich habe persönlich 2 Junglehrer als Betreuer im Zuge eines Praktikum gehabt, die auch unglaublich gestresst und traurig waren.

[...]
Wisst ihr, vielleicht ist es utopisch, aber ich sehne mich so sehr danach, den Lehrerberuf im Zuge des Referendariats mal einigermaßen entspannt ausprobieren zu können, ohne das Gefühl zu haben, dass mit 26/27 die Zeit wegrennt und ich eigentlich sofort wissen müsste, ob ich für immer Lehrer sein will oder nicht. Auch wenn ich nicht mehr das Gefühl hätte, im Falle eines Abbruchs vor dem absoluten Nichts zu stehen, wäre mir unheimlich geholfen. Ich danke bereits im Voraus für eure Anstrengungen und zukünftige Antworten. Ich habe nur ein Leben und im Moment steht es ob dieser Problematik still.
Nein, du hast später nicht regelmäßig 70h Stunden Wochen - schon gar nicht mit der Fächerkombination (auch wenn die Sportlehrer mich jetzt steinigen wollen - zumindest an Schulen, an denen es Sport nicht als LK/ schriftliches Fach gibt). Es kann phasenweise mal so sein, wenn du meinetwegen das Pech hast, mehrere Oberstufenkurse parallel zu haben und dann steht das Abi an.
I.d.R. hast du in Englisch aber auch viele kleine Klassen, in denen du überwiegend mit Buch und Workbook unterrichten wirst und hin und wieder baust du was Netteres ein (die Routine/ Ideen hierfür entwickelst du u.a. im Ref).
Und ja, die ersten zwei Jahre in der festen Stelle ist es natürlich schon eine Umstellung, weil man sich den Fokus auf die Einzelstunde, der im Referendariat erlernt wird, wieder etwas umlegen muss (auf die Reihenplanung), weil man halt das erste Mal wirklich alle (!) organisatorischen Dinge und Verantwortungen am Hals hat und viele Themen und Jahrgänge schlicht noch nicht unterrichtet hat und sich eben einarbeiten. Aber auch damals kam ich mit Deutsch und Englisch nicht dauerhaft auf 70h Wochen. Ein wichtiger Faktor: Kollegen. Tauscht Material, Tipps usw. usf. Das erleichtert die Arbeit ungemein.
Und Auszeiten sind wichtig. Ganz viele meinen, man müsse dauernd am Schreibtisch sitzen, Sport ginge gar nicht mehr. Das ist ein fataler Irrglaube, das Gehirn braucht gerade die Auszeiten, um wieder vernünftig arbeiten zu können.

Und zum zweiten: Du bist erst 26. Und selbst wenn du feststellen solltest, dass Lehrer doch nicht der Beruf ist, auf den du Lust hast. Du bist noch so jung, du kannst noch so viel anderes tun. Natürlich ist es dann erst Mal frustrierend, aber wahrscheinlich arbeitest du eh bis 70, also hast du noch massig Zeit. ;- )
Und vielleicht arbeitest du als Lehrer und stellst mit 40 fest, dass du Lust auf was anderes hast. So what. Auch da finden sich Wege.
Du musst den Rest deines Lebens nicht jetzt festgelegt haben. Völlig davon abgesehen, dass dir das Leben da vermutlich eh einige Brocken in den Weg werfen wird, i.d.R. klappt eh nur wenig so, wie geplant. Und das ist es doch auch, was es spannend macht und Lebenserfahrung bringt: Die Umwege, die Krisen, aus denen man gestärkt heraus geht.
Du bist echt noch jung.
Atme.
Genieße.
Lächle.
Du findest deinen Weg schon.

Geh ne Runde Laufen, um den Kopf auszuschalten. ;- )

Mazon
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Registriert: 09.02.2017, 21:18:31

Re: Ratlosigkeit

Beitrag von Mazon »

Danke für deine ermutigenden Worte Katta. Ich wünschte, ich könnte sie in die Tat umsetzen, aber ich muss gestehen, dass mich diese enormen Ängste bei jedem Schritt im Referendariat begleiten, obwohl bisher fast nur Hospitation auf dem Plan stand.
Ich würde mir so gerne die Freiheit nehmen, das Referendariat zu probieren und herauszufinden, ob Lehrer der richtige Beruf für mich ist.
ABER die Angst, nach erstem und gegebenenfalls zweitem Staatsexamen vor dem Nichts zu stehen kann ich nicht besiegen. Deswegen nochmal die Frage: gibt es Unternehmen, die die Lehrerausbildung so wertschätzen, wie sie es verdient hat, oder muss man bei einem Berufswechsel wirklich von vorne anfangen, wenn man nicht von jedem 22 Jährigen mit Bachelor abgehängt werden will?

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