Chaosklasse - die Selbstzweifel beginnen

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
kecks
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Re: Chaosklasse - die Selbstzweifel beginnen

Beitrag von kecks »

du hast ja deine lösung schon gefunden: ermahnen und dann in die nacharbeit. zieh das durch, und wenn das jetzt bis zum halbjahr so weitergeht, dann ist das eben so.

nimm die ratschläge an, keine leerlaufphasen, viel druck (auch durch noten, d.h. viele kleine ubs im unterricht abfordern), viel tempo, viel schreiben, viel alles, was gut strukturiert ist. kann auch viel extrem klar strukturierte partnerarbeit und aktivierendes sein.

wenn wirklich alle stören/du keine eindeutigen störer ausmachen kannst: beliebigen vielstörer namentlich einmal ermahnen, dann konsequenz. immer und immer wieder.

einzelgespräch im sinne von: "was kann ich tun, damit du besser mitmachst?" ergibt oft erstaunliches.

für die ganze klasse: einmal ermahnen, danach abbruch und reststunde schriftlich (vorbereitet dabei haben, diktat). prüfung über den stoff in der folgestunde. nicht mit dem rücken zur klasse stehen, mitschrift durch die an dokkamera/ohp mit gesicht zur klasse.

fies: abfrage am ende der stunde. das vorher ankündigen und dann auch durchziehen. vorsicht, dass du keinen erwischst, der wegen des geräuschpegels wirklich nichts verstehen konnte. auch hier unbedingt absprache mit betreuungslehrkraft.

und zieh das mit der vermeidung von leerlauf durch. tolle unterrichtgespräche sind für die meisten schüler gerade in dem alter nicht gewinnbringend, sondern langweilige schlafphasen. daher beschränke das auf ein absolutes minimum und verwende andere methoden.

bei all dem sehr freundlich, sachlich und zugewandt bleiben. die meinen das nicht böse und auch nicht persönlich gegen dich.

Illi-Noize
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Re: Chaosklasse - die Selbstzweifel beginnen

Beitrag von Illi-Noize »

Es gibt auch noch einen wunderbaren (kecks hat parallel gepostet und schreibt im drittletzten Absatz einen ganz ähnlichen Ansatz), von Pädagogiklehrern aber eher abgelehnten Weg: Die Notengebung.

Wenn Schüler A ständig Quatsch macht, dann kann er sicherlich die letzte Antwort eines Mitschülers nicht wiederholen. "Das ist aber schade, dass Du schon an so einer einfachen Aufgabe scheiterst. Passiert das heute nochmal, dann kann ich daraus ja direkt wunderbar eine mündliche 6 machen und eintragen." Das weitere Vorgehen ist die oben von Dir nicht durchgezogene Konsequenz - kassiert mal der eine oder andere tatsächlich eine 6, hast Du - vor allem da es ein Hauptfach ist - ratzfatz Ruhe.

chicelita
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Re: Chaosklasse - die Selbstzweifel beginnen

Beitrag von chicelita »

Lauter tolle Hinweise von euch, vielen Dank. Ich werde versuchen das in die Tat umzusetzen und vor allem konsequent zu sein. Ich berichte, wie es mir dabei ergeht

Katta
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Re: Chaosklasse - die Selbstzweifel beginnen

Beitrag von Katta »

kecks hat geschrieben: bei all dem sehr freundlich, sachlich und zugewandt bleiben. die meinen das nicht böse und auch nicht persönlich gegen dich.
Das ist ein extrem wichtiger Hinweis!

Außerdem: Nee, Deutsch ist in der 7 kein Fach zum Diskutieren und ellenlange Interpretationsgespräche führen (mal übertrieben ausgedrückt). Schon gar nicht in der 7. Die interessiert kaum etwas weniger als das. ;- P

Das Unterricht vorbereiten anfangs ewig dauert, ist normal. Sorry. ;- P
Du schriebst, du planst Stunden und "Überwältigendes" käme dabei nicht heraus. Muss es nicht. Überhaupt gar nicht. Diese Klasse ist anscheinend für dich da, classroom management zu lernen. Konsequent(er) werden lernen. Unterrichtsstörungen erkennen und angemessen reagieren lernen. Das ist unendlich schwierig, viel schwieriger, als es klingt. Also mach "Brot und Butter Stunden". Nutze das Buch, das ihr habt. Ende. Du musst das Buch nicht umschreiben, i.d.R. wissen die Leute, die so Bücher schreiben, durchaus, was sie tun - zumindest im Großen und Ganzen. Das heißt nicht, dass das Ding perfekt ist. Es ist aber auch nicht völlig Käse, so dass du das Rad neu erfinden musst.
Die 7er sind deine "Disziplin-Lern-Klasse". Die 8er sind dann anscheinend meinetwegen zum "Unterricht spielen" da (sorry, etwas despektierlich formuliert, ich hoffe, du verstehst, wie ich es meine ;- ) ).

Und hab mit dir selber Geduld. So wie du sie ja idealerweise mit Schülern auch hast, die nicht alles sofort verstehen und/ oder umsetzen können. Du musst gerade unglaublich viele Dinge gleichzeitig lernen, das dauert. Und wird mal besser und mal schlechter klappen (letzteres vor allem, wenn du unfit/ unausgeschlafen bist), und wird auf und ab gehen, wie jede Lernkurve.

Und was das Gefühl angeht: Da stören so viele, ich erwische gar nicht alle, sondern nur einzelne. Richtig. Das ist so. Ich erläutere das meinen Schülern ganz gerne mit dem "Radar": wer regelmäßig stört, in dessen Richtung gucke ich schneller und der landet halt auch schneller auf meiner Liste. Muss er/sie halt zusehen, dass er/sie schnell vom Radar wieder runter kommt. Meistens sehen sie auch durchaus ein, dass Hänschen, der ständig quatscht, natürlich heftiger eins aufs Dach kriegt, als Peterchen, der vielleicht einmal in der Stunde, wenn überhaupt, mal den Sitznachbarn was fragt (und das dann auch noch nach einem Radiergummi -- hat mir ein Sechstklässler mal selber als Beispiel genannt... in der Reflexion. Im Moment, als er eins aufs Dach gekriegt hat, war das natürlich totaaaaaaaal unfair... ;- ) ). Und nur, weil andere auch gequatscht haben, ist derjenige, den du erwischt, ja nicht unschuldig.

Stark
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Re: Chaosklasse - die Selbstzweifel beginnen

Beitrag von Stark »

Vielleicht noch zwei weitere Hinweise, zusätzlich zu den guten Tipps, die bereits gegeben wurden:
1.) Wenn du wirklich Gym in Bayern bist: Dass du an dieser Stelle im Ref einen Durchhänger hast und ans Aufhören denkst, ist völlig normal. In der Phase zwischen Herbstferien und Weihnachtsferien während des ersten Ausbildungsabschnitts sind bei uns damals im Seminar alle an ihre Grenzen gestoßen. Wir haben alle ans Aufhören gedacht, regelmäßig saßen Refinnen heulend im Seminarraum und männliche Refs haben ins Leere gestarrt und sich vermutlich aus irgendwelchen Gendergründen die Tränen unterdrückt. Das ist bitter und irgendwie unnötig, soll dir aber zeigen, dass das nicht an dir liegt. Zieh's durch, im Einsatz wird alles (!) besser.

2.) Ich hatte im Einsatz mal so eine ganz üble 8. Klasse, auch noch freitags 5./6. in Doppelstunde. Nachdem ich alles probiert hatte, habe ich ganz gegen jede Intuition einfach mal einen Lernzirkel gemacht und festgestellt, dass die Klasse gerade in dieser Randstunde bei freieren (aber vororganisierten) Arbeitsformen plötzlich wirklich gut mitmacht. Versuch also viele verschiedene Methoden, auch solche, von denen du denkst, die würden in der Klasse gar nicht gehen.

dreistein
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Re: Chaosklasse - die Selbstzweifel beginnen

Beitrag von dreistein »

Ich möchte mich den Vorrednern anschließen:

1. Es ist nicht deine Schuld, dass die Klasse so ist, wie sie ist, sondern das Ergebnis von jahrelanger mangelnder Führung durch die vorherigen Lehrkräfte.

2. Das einzige, was mittel- und langfristig hilft, ist konsequentes Handeln. Ankündigen, Vorwarnen, Strafen. Am Anfang kann das heftig sein, wenn man zahllose Strafarbeiten einfordern, Nachsitzen organisieren, Elternbriefe schreiben muss. Besonders bei ihrer Freizeit kann man die Schüler empfindlich treffen. Nach ganz kurzer Zeit wissen die Schüler aber, woran sie sind, und jede Woche nachsitzen will kein Schüler – egal, wie 'cool' er sich gibt.

chicelita
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Re: Chaosklasse - die Selbstzweifel beginnen

Beitrag von chicelita »

Vielen lieben Dank für die vielen Reaktionen.
Nachdem ich gestern wirklich total am Ende war - was ich absolut nicht von mir kenne, denn ich bin eigentlich nicht der Typ, der gleich ausflippt ... - war der Unterricht in der Klasse heute echt in Ordnung. Allerdings war es halt auch die 2. Stunde und nicht Montag 5./6. Doppelstunde!
Jetzt warte ich mal den nächsten Montag ab, ob es da wieder so ausartet und versuche dann konsequent zu reagieren.

Hat jemand evtl. Vorschläge für Arbeitsformen, mit denen man eine Doppelstunde gestalten kann, in einer Klasse, in der Partnerarbeit schon ausartet von der Lautstärke her?

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