Referendariatsabbruch-ausheulen & einige Fragen zum Vorgehen

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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Lisa345
Beiträge: 1
Registriert: 28.10.2016, 13:38:06

Referendariatsabbruch-ausheulen & einige Fragen zum Vorgehen

Beitrag von Lisa345 »

Hallo, ich bin normalerweise nur stille Mitleserin in diesem Forum...
Mittlerweile ist bei mir allerdings der Leidensdruck so groß geworden, dass ich mir das Ganze einfach gerne hier bei Menschen, die wissen, wie es im Referendariat läuft, "von der Seele schreiben" möchte...
Außerdem habe ich die ganze "Abbruchsprozedur" noch vor mir, daher wäre es lieb, wenn andere Betroffene vielleicht ihre Erfahrungen mit mir teilen mögen...

Ich bin noch gar nicht lange im Ref dabei, habe erst nach den Sommerferien begonnen, bin allerdings jetzt schon an dem Punkt angekommen, wo ich merke, dass es so auf gar keinen Fall weitergeht und ich daraus jetzt die Konsequenzen ziehen werde...

Zur Situation:

Ich bin alleinerziehende Mutter eines sechsjährigen Mädchens. Nachdem ich mein Studium abgeschlossen hatte, habe ich mich dazu entschlossen, eine "Pause" einzulegen, um etwas durchatmen zu können. In dieser Zeit habe ich, um nicht völlig aus dem Schulalltag raus zu sein, als Integrationshilfe gearbeitet.
Nach drei Jahren habe ich entschieden, den Schritt ins Referendariat zu wagen...

Leider läuft es bis jetzt alles andere als erfolgreich und ich bereue diese Entscheidung so gut wie jeden Tag :( ...

Ich bin an einer Gemeinschaftsschule und unterrichte hauptsächlich in einer siebten und in einer achten Klasse.
Meine größten Schwierigkeiten liegen einerseits bei den fachlichen Inhalten und andererseits in meiner Fähigkeit (bzw. wohl eher Unfähigkeit), mich in diesen Altersstufen durchzusetzen. Am meisten Bedenken macht mir zudem, dass mir das Ganze bis jetzt überhaupt keinen Spaß macht und ich mich jeden Tag nur dort hinquäle, in der Hoffnung, dass es schnell wieder vorbei ist. Und dabei habe ich immer sehr gerne mit Kindern gearbeitet!!

Ich habe Biologie studiert, unterrichte jetzt im Fach Naturwissenschaften.
Vor allem in der 7. Klassenstufe werden hier sehr viele Themen behandelt, von denen ich selbst kaum eine Ahnung habe, da sie sehr stark in den Physik- und zum Teil auch in den Technikbereich hineingehen...
Es fällt mir so unfassbar schwer, hier vernünftige Stunden vorzubereiten, bei tiefergehenden Nachfragen bin ich vollkommen aufgeschmissen...
Meine Mentorin ist leider auch keine große Hilfe, sie gibt mir zwar ab und zu grobe Hinweise zum Aufbau des Unterricht, das passiert aber nur sporadisch und ansonsten bekomme ich zu hören, das wäre nicht ihr Problem, da müsste ich mich dann eben einlesen...
Würde ich ja auch gerne machen, ich weiß nur nicht, wann ich das auch noch hinbekommen soll...Im Endeffekt sind dann die, die auf der Strecke bleiben, die Schüler, da sie in meinen Unterricht im Prinzip kaum etwas Sinnvolles lernen, und das empfinde ich als ziemlich traurig...

Die Stundenvorbereitung im Allgemeinen zieht sich bei mir gefühlt bis ins Unendliche.
Was am Ende dabei heraus kommt, ist meist trotzdem kaum der Rede wert...
Nachts schlafe ich kaum noch, fünf Stunden am Stück sind für meine jetzigen Verhältnisse wirklich schon viel...Ich bin nur noch gestresst, übermüdet, demotiviert und deprimiert...Mittlerweile fühle ich mich wie eine völlige Versagerin, weil bei mir anscheinend trotz der vielen Anstrengungen und Arbeit nichts Vernünftiges zustande kommt...

Wenn ich doch mal einigermaßen mit einer Vorbereitung zufrieden bin (war bis jetzt 2 mal der Fall), scheitert es an der Umsetzung im Unterricht...
Die Anzahl der Schüler, die aufmerksam den Unterricht verfolgt, lässt sich in beiden Klassen an einer Hand abzählen, und ich habe anscheinend nicht das nötige Durchsetzungsvermögen für diese Altersklasse...Die meiste Zeit herrscht ein absolutes Chaos und Durcheinander, dem ich mich einfach nicht gewachsen fühle...

Natürlich - und das ist das wirklich Unerträgliche an der ganzen Situation- bemerkt auch meine Tochter, dass ich zur Zeit überhaupt nicht glücklich bin, außerdem kommt sie in letzter Zeit definitiv zu kurz...

Zum Glück waren jetzt erst einmal Ferien, so dass sich die Lage in dieser Zeit etwas entspannt hat. Allerdings neigen sich diese nun dem Ende und wenn ich daran denke, nochmal in die Schule zu müssen, sträubt sich bei mir innerlich absolut alles...
Hier ist nun der Punkt, an dem ich die Notbremse ziehen möchte, denn das ertrage ich wirklich nicht mehr...
Eigentlich bin ich absolut kein Mensch, der vorschnell aufgibt oder nicht in der Lage ist, schwierige Situationen durchzuhalten. Im Gegenteil, in der Vergangenheit habe ich so viele Schicksalsschläge und schwierige Situationen gemeistert, dass ich mir auch zugetraut hatte, diese Phase irgendwie durchzustehen...Aber ich merke, dass mich das Ganze auch persönlich sehr zum Negativem verändert hat und ich langsam, aber sicher in eine Art Depression abrutsche und da ist für mich irgendwann Schluss.

Meine Frage ist nun, falls hier jemand mitliest, der Ähnliches bereits durchgemacht hat, wie gehe ich jetzt am besten weiter vor? An wen wendet man sich zuerst wegen der Entlassung etc.??

Da ich so schnell wie möglich eine Alternative finden möchte und es unbedingt vermeiden möchte, in die Arbeitslosigkeit zu rutschen, habe ich zu Beginn dieser Woche bereits ein paar Bewerbungen verschickt... Leider weiß man ja nie, wie lange es dauert, bis da eine Rückmeldung kommt...Ich habe jetzt überlegt, ob ich mich fürs erste einfach krank melden soll...

Lisa

dreistein
Beiträge: 216
Registriert: 02.06.2016, 23:38:49

Re: Referendariatsabbruch-ausheulen & einige Fragen zum Vorg

Beitrag von dreistein »

Um dich ein bisschen aufzubauen: Die Probleme, die du beschreibst, liegen nicht in dir begründet, sondern in den Rahmenbedingungen.

Erstens: Ist doch klar, dass du als Biologielehrerin nicht automatisch so gut über Chemie, Physik und Technik Bescheid weißt, als ob du auch diese Fächer studiert hättest. Das kann man von keinem Referendar erwarten; deinen Mitreferendaren geht es da doch sicher nicht anders?

Zweitens: Wenn du an einer Gemeinschaftsschule unterrichtest, ist die Bandbreite der Leistungsfähigkeit der Schüler in einer Klasse viel größer als z. B. an einem Gymnasium. Das ist ja gerade das Konzept der Gemeinschaftsschule. Dein eigenes Durchsetzungsvermögen kannst du trainieren, aber die Motivation der Schüler (positiv) zu beeinflussen ist ungleich schwieriger.

Drittens: Alleinerziehend und Referendarin sein ist eine besondere Herausforderung. Wenn ich an mein Referendariat zurückdenke, waren die meisten auch ohne Kinder gut ausgelastet.

Unterm Strich: Vieles, was du beschreibst, ist eigentlich genau so zu erwarten. An manchen Dingen kann man arbeiten (im Laufe der Zeit wirst du dir genug Kenntnisse aneignen, um auch den Physik- und Technikunterricht hinzubekommen, du wirst deine Lehrerpersönlichkeit so weiterentwickeln, dass du die Schüler im Griff hast), aber andere Dinge ändern sich nie (z. B. unmotivierte Schüler). Wenn du dir dennoch sicher bist, dass der Lehrerberuf "nichts für dich" ist und du mit deinem Studienabschluss einen anderen Beruf finden kannst, der dir Spaß macht und von dem du Leben kannst, dann solltest du ernsthaft über das Abbrechen nachdenken. Dabei ist dein unmittelbarer Vorgesetzter (i. d. R. der Seminarleiter/die Seminarleiterin) der richtige Ansprechpartner.

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