Abbruch des Refs Ende Oktober

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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krabappel
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Re: Abbruch des Refs Ende Oktober

Beitrag von krabappel »

philliboy hat geschrieben: Ich kann nochmal betonen, dass es die Art der Ausbildung ist, die mir den Beruf vermiest hat. Wenn Ausbilder systematisch alles schlechtreden (sogar den eigenen Beruf), es gleichzeitig nicht besser hinbekommen, dann läuft etwas schief.
Genauso wenn es so viele Schleimscheißer unter den Referendaren gibt, die schleimen, sich profilieren, schauspielern, von Teamwork aber nie was gehört haben...
Wie kann man denn 5 Jahre studieren, um seinen Traumberuf zu ergreifen um dann im Praxisteil aufzugeben, weil man sich über einen Ausbilder ärgert und nicht alle Referendare mag, die man sowieso bald nie wieder sieht?! Das nehme ich dir nicht ab.

Vielleicht hilft es dir ja dabei, diesen Schritt des Ausstiegs zu wagen. Aber ich finde es nicht fair, dass du nur undifferenzierten Frust hier verbreitest. Es ist ja nicht so, dass du dir hier Unterstützung erhoffst. Du hast bereits beschlossen, abzubrechen und schließt einfach nur von deinen Erfahrungen und deiner Verarbeitung derselben auf alle anderen Referendare und ihre Ausbildungssituation. Von jemandem mit gesundem Selbstbewusstsein und Zukuntsvisionen, der sich halt mal über einen Kollegen ärgert, oder eine Lehrproben verhauen hat, würde ich zumindest mehr Durchhaltevermögen und konstruktive Ideen erwarten.

dreistein
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Re: Abbruch des Refs Ende Oktober

Beitrag von dreistein »

krabappel hat geschrieben:Wie kann man denn 5 Jahre studieren, um seinen Traumberuf zu ergreifen um dann im Praxisteil aufzugeben
Genau da liegt der Hund begraben. Es ist eben nie sein "Traumberuf" gewesen. Über die Motive kann man nur spekulieren, aber in ähnlichen Fällen steckte dahinter, dass die Kandidaten im Referendariat gemerkt haben, dass der Beruf eben kein lockerer Halbtagsjob mit üppigen Beamtenbezügen ist, sondern dass man echt viel Zeit (und zum Zeit auch Nerven) reinstecken muss und dann am Ende doch nicht sooo gut bezahlt wird, wie mancher naive junge Mensch (trifft man auch an der Uni zahlreich an!) sich das in seinem unreifen Hirn gedacht hat.

Da kommt dann am Ende so eine Bewertung heraus wie, "Was soll ich denn mein ganzes Leben immer denselben Kram unterrichten, mich mit den Schülern herumärgern, im stickigen, abgewetzten Lehrerzimmer rumsitzen, keine Karriereperspektiven haben" usw. Ich kann dazu nur sagen: Solche Leute scheitern auch in jedem beliebigen anderen Beruf, weil sie eine verzerrte Wahrnehmung von der Realität haben. Was glauben die eigentlich, wie es in anderen "normalen" Berufen aussieht? Dass einem dort unentwegt gebratene Tauben in den Mund fliegen, man gewissermaßen automatisch befördert wird bis man mit Mitte 30 Personalverantwortung für Dutzende Mitarbeiter hat, ein fünfstelliges Monatsgehalt und Dienstwagen inklusive? Träumt weiter. Vor allem die Versagertypen, die bei den kleinsten auftretenden Schwierigkeiten, zum Beispiel im Referendariat, gleich das Handtuch werfen und allen anderen (den Ausbildern, den Mitreferendaren, der Ausbildungsschule, dem angeblich "menschenverachtenden" System) die Schuld geben ...

Humboldt1
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Re: Abbruch des Refs Ende Oktober

Beitrag von Humboldt1 »

Zitat:
"Ich kann nochmal betonen, dass es die Art der Ausbildung ist, die mir den Beruf vermiest hat. Wenn Ausbilder systematisch alles schlechtreden (sogar den eigenen Beruf), es gleichzeitig nicht besser hinbekommen, dann läuft etwas schief.
Genauso wenn es so viele Schleimscheißer unter den Referendaren gibt, die schleimen, sich profilieren, schauspielern, von Teamwork aber nie was gehört haben..."
Zitatende

Ja, das sehe ich auch so. Nur macht es keinen Sinn, bei dem , was du bereits investiert hast, aufzugeben. Nach dem Ref. hast du mehr Möglichkeiten freier zu arbeiten. Die "kontrolle" ist deutlich geringer. Dein Status im Kollegium ist höher. Du kannst mit vielen Kollegen auf einer gleichberechtigten Ebene arbeiten. Viele Probleme werden sich dadurch entschärfen. Und etwas Streß und Arbeit hat man letztendlich in jedem Beruf! Wäge noch mal genau ab, ob du wirklich aussteigen willst!

Phaon
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Re: Abbruch des Refs Ende Oktober

Beitrag von Phaon »

(Ich kann leider nicht zitieren, entschuldigt das bitte.)

@kecks:
Du hast vollkommen recht! Ich habe ja bereits geschrieben, dass ich bei meiner Entscheidung für den Studiengang vor über zehn Jahren sehr naiv war. Ehrlich gesagt wurde mir der Lehrerberuf auch von meinem Umfeld angepriesen ("entspannter Halbtagsjob mit jeder Menge Urlaub"), und als 18-/19-Jähriger habe ich es eben leider geglaubt. Damals war ich relativ kontaktfreudig und habe fast ein Jahr lang in Vollzeit in einem sozialen Beruf gearbeitet - mit überwältigendem Erfolg. Nun, in der Dekade, die vergangen ist, habe ich mich persönlich sehr verändert, bin introvertiert, schüchtern, überempfindlich und kränklich geworden und habe darüber hinaus noch jegliches Interesse an der Arbeit mit Menschen verloren.

Während meines Studiums habe ich leider nichts gelernt, was für mich im Referendariat hätte nützlich sein können. Für das bisschen Fachwissenschaft auf heutigem Abitur-Niveau hätten auch zwei Semester gereicht. In sechs Jahren Studium habe ich genau zwei fachdidaktische Seminare belegen müssen; das eine war ein reines Literatur-Seminar, das man sich als Fachdidaktik hat anerkennen lassen können, bei dem anderen bekam ich schon nach zwei Sitzungen den Schein ausgestellt, da die Dozentin meinte, als Absolvent des Praxis-Semesters könnte ich in ihrem Seminar eh nichts mehr lernen... Apropos Praxis-Semester: in meinem Falle waren das 2,5 Monate Verhätschelung und Kaffeekränzchen. Der Praxis-Bezug war äußerst gering und wirkliche Kritik wurde auch nicht geübt. Man hielt eben seine Stunden, alles war solide, und nach kurzer Zeit war der Spuk vorbei.

Und ja: das Referendariat hat seine Aufgabe bestens erledigt. Beziehungsweise irgendwie auch nicht. Ich bin gerade im 22. Monat und habe bisher alle Prüfungen bestanden. Das Genick brechen wird mir wohl die Schulleiterbeurteilung. Ehrlich gesagt wäre da auch die Note "ungenügend" gerechtfertigt, da ich meine Meinung über das System, das Referendariat und alle Beteiligten schon häufiger geäußert habe und mir einiges habe zu Schulden kommen lassen (unentschuldigtes Fehlen an der Schule und im Seminar, wiederholtes Nichteinhalten von Absprachen mit Kollegen, Verstoß gegen das Konferenzgeheimnis, Beleidigung von Vorgesetzten, etc...). Ich warte eigentlich nur noch auf mein Entlassungsschreiben und freue mich auch schon darauf. Lächerlicherweise ist es gar nicht so einfach, aus dem Dienst entlassen zu werden. Ich habe schon alles versucht und bin nach zwei Jahren immer noch dabei... und ich werde garantiert keine Kinder schlagen oder so...

Noch ein Kommentar zur steuerlichen Rückerstattung: Mag sein, dass man vieles wieder erstattet bekommt. Das Kernproblem bleibt jedoch: ich weigere mich einfach, mit meinem Mindestlohn-Gehalt Ausgaben vorlegen zu müssen, weil das System immer noch im 19. Jahrhundert verweilt. Ich kenne jedenfalls keinen Büroangestellten, der für seine Büroausstattung selbst aufkommen muss und würde mal gerne sehen, was in den Medien los wäre, wenn LKW-Fahrer plötzlich das Benzin für ihre Fahrten selbst vorstrecken müssten. Das gibt es in dieser Form nur im Lehrerberuf und ich halte es für ungesetzlich.

*Sissy*
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Re: Abbruch des Refs Ende Oktober

Beitrag von *Sissy* »

Phaon hat geschrieben:... mir einiges habe zu Schulden kommen lassen (unentschuldigtes Fehlen an der Schule und im Seminar, wiederholtes Nichteinhalten von Absprachen mit Kollegen, Verstoß gegen das Konferenzgeheimnis, Beleidigung von Vorgesetzten, etc...).
Krass! Wie kann man sich denn als erwachsener Mensch so verhalten, nur weil einem die Ausbildungsbedingungen nicht passen? Du hast Dir hier allerhand zu Lasten des Kollegiums geleistet. Das ist wirklich unschön. Und ich weiß ja nicht, ab wann Du Dich so verhalten hast, aber das kann auch zu (Deiner Meinung nach) schlechten Ausbildungsbedingungen führen. Denn wenn ein Ref mich mehrfach nach Absprache sitzen lässt, wäre der Drops für mich gelutscht! Schließlich bekomme ich nur mehr Arbeit und keinerlei Vergünstigungen, wenn ich die Betreuung eines Refs übernehme.

Daher solltest Du Dich fragen, inwieweit Du selbst zu diesen schlechten Bedingungen beigetragen hast. Das es Verbesserungspotential gibt, bestreitet sicher keiner. Meine Bedingungen vor 25 Jahren während meiner dualen Ausbildung waren aber auch nicht die tollsten, aber das ist eine begrenzte Zeit, man beißt sich durch und gut ists. Es wäre mir im Traum nicht eingefallen, zu Seiten auszukeilen, die gar nichts dafür können.

Phaon
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Re: Abbruch des Refs Ende Oktober

Beitrag von Phaon »

*Sissy* schrieb:
"Krass! Wie kann man sich denn als erwachsener Mensch so verhalten, nur weil einem die Ausbildungsbedingungen nicht passen?"

Hier sollte ich vielleicht ein wenig differenzieren: ich habe mich nicht absichtlich unkollegial verhalten. Vieles entstand dadurch, dass ich zum Beispiel meine Planung nicht auf die Reihe bekommen habe und mit der Arbeit einfach nicht fertig wurde, weshalb ich dann Unterrichtsentwürfe nicht rechtzeitig abgeben konnte oder den Unterricht auch mal kurzfristig absagen musste. Wenn man keinerlei Motivation für diesen Beruf besitzt und sich jeden Tag nur durchquält, leidet natürlich auch die Qualität des Unterrichts. Besonders schwierig sind dann eben noch die von mir bereits genannten Punkte wie fehlende Arbeitszeitregelung.

Jedenfalls wollte ich noch anmerken, dass ich als Referendar nicht so schlecht sein kann, denn sonst hätte man mich ja längst entlassen. An unserem Seminar waren wir rund 20 Verlängerer, von denen nach der Verlängerung bereits 5 aussortiert wurden und weitere 8 im Laufe des folgenden Jahres. Ich habe alles geschafft, was man mir aufgebürdet hat, und einige Prüfungen sogar mit der Note 1,0 bestanden. Es gab auch keinerlei Sanktionen für mein Verhalten.

Ich bin im Prinzip nur noch aus finanziellen Gründen im Referendariat, da man mir bei einer selbst verursachten Entlassung das Arbeitslosengeld kürzen würde. In einer Prüfung durchzufallen, ist kein Grund für eine Kürzung. Durch die 22 Monate im Ref habe ich aber auch schon so viel angespart, dass mir auch Kürzungen oder Sperren nicht viel ausmachen würden. Eigentlich würde ich das 2. Staatsexamen am liebsten nicht bestehen, denn als "fertiger" Lehrer würde man mich ja auch in alle möglichen Lehrberufe vermitteln. Ich will aber nichts mehr mit dem Bildungs- oder sozialen Bereich zu tun haben ("Hauptsache, nichts mit Menschen"). Meine Persönlichkeit ist mit diesem Sektor einfach nicht kompatibel und im Gegensatz zu anderen denke ich auch, dass man den Lehrerberuf nicht "erlernen" kann. Ich kann mir so viele didaktische, methodische und fachliche Kompetenzen aneignen wie ich will: Freude am Umgang mit Menschen, ein Gespür für den Umgang mit Schülern oder eine Intuition für gelingende soziale Interaktionen werde ich niemals besitzen.

Thickstone
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Re: Abbruch des Refs Ende Oktober

Beitrag von Thickstone »

Ich verstehe als still Mitlesender bei dir nur schwer, wie du dann in anderen Jobs erfolgreich sein möchtest. Mir fällt auf Anhieb kein Job ein, bei dem soziale Interaktion nicht in gewissen Maßen wichtig ist. Mich interessiert gerade wirklich, wie du dir das für dich vorstellst.

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