"Faule" Referendare

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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Skeet1414
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Re: "Faule" Referendare

Beitrag von Skeet1414 »

wurstgesicht hat geschrieben:
Skeet1414 hat geschrieben: Die deutsche Lehrerausbildung ist ein Relikt aus prädemokratischen Zeiten, da gehts in erster Linie um Konformismus, Akzeptanz von Hierarchien und Selbstverleugnungsbereitschaft. Unterrichten lernt man da nur am Rande. Es kann natürlich auch sein, dass ich und alle die ich kenne einfach nur Pech hatten, genauso wie die hunderten von Personen die hier oder in Tageszeitungen bereits ähnliche Probleme berichtet haben, seit zig Jahren, immer und immer wieder. DAs sind bestimmt einfach alles nur inkompetente Nörgler, die von ihren eigenen Defiziten ablenken wollen. Denn merke, das Referendariat ist perfekt, es ist alternativlos, und alle Länder die kein vergleichbares Theater inszenieren sind dem deutschen System um Jahrzehnte hinterher.
Hierarchien gibt es in jedem Job. Leistungsdruck ebenso. Konformismus ebenso ... worüber wird hier überhaupt diskutiert???
Wie hier bereits viele angemerkt haben, öffnen sich die Augen oft erst dann, wenn man länger dabei ist. Auch ich hatte große Anpassungsschwierigkeiten, wie ich hier schon oft zu Protokoll gegeben habe. Diese lagen zu einem nicht unerheblichen Teil an einer unfähigen AKO, aber zu einem erheblichen Teil auch an meiner Sturrheit. Heute weiß ich ... man wollte nur mein Bestes, insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir auf zahlreiche Lehr- und Schutzbedürftige losgelassen werden.
Mag sein, dass ich "Glück" hatte, vielleicht hattest du aber auch einfach nur "Pech". Aufgrund eigener schlechter Erfahrungen ein insgesamt doch funktionierendes System in Frage zu stellen mutet aber doch sehr unreif und unrelektiert an. Und bitte komme jetzt nicht wieder mit irgendwelchen "Quellen" (Ich kenne viele, die ...).

qchn
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Re: "Faule" Referendare

Beitrag von qchn »

OT:
Der Schluss vom Einzelfall auf die Allgemeinheit ist eigentlich immer fehlerhaft - sowohl für negative, als auch für positive Erfahrungen. es handelt sich wohl um einen menschlichen Mechanismus, dass diejenigen, die in einem System nicht erfolgreich waren, dieses zu delegitimieren versuchen, während Erfolgreiche von seiner Richtigkeit überzeugt sind und per se die Definitionsmacht innehaben. Aber schön zu beobachten, wie auf beiden Fronten die Selbstwirksamkeitsüberzeugung in Takt ist Oo

Phaon
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Re: "Faule" Referendare

Beitrag von Phaon »

Um hier für Klarheit zu sorgen: ich bin nicht derselbe User wie wurstgesicht. Es scheint hier nur sehr viele junge Menschen zu geben, die durch das Referendariat völlig frustriert und demotiviert sind.

Und auch, wenn ich mich gestern ein wenig in Rage geschrieben hatte, so stehe ich heute noch hinter jedem einzelnen Satz. Aber es stimmt: es ist nicht alles schlecht im Referendariat. Schön finde ich zum Beispiel die relativ freie Zeiteinteilung. Keine Lust auf Unterrichtsvorbereitung? Einfach in der Pause vor der Stunde eine Aufgabe aus dem Buch auswählen, diese bearbeiten lassen und am Ende noch sichern. Fertig. Auch einige Phasen der Hospitation waren sehr entspannt. Da der für mich zuständige Ausbildungsbeauftragte an der Schule aufgrund von Krankheit ausfiel und er selbst sehr schlecht organisiert war, gab es einige Wochen, in denen ich nur ca. 3 bis 4 Stunden überhaupt an der Schule verbrachte und mir dann von Mittwoch bis Freitag frei nahm, ohne, dass es irgendjemand bemerkte. Die Hospitation selbst hätte mich sowieso nur auf die Plame gebracht.

Kaum eine Unterrichtsstunde, die man dort beobachten konnte, genügte den Anforderungen, die an uns Referendare gestellt wurden. Bei einem Schulleiterbesuch wagte ich sogar ein Experiment und übernahm eine Stunde meines Fachleiters 1 zu 1, und wurde trotzdem in der Luft zerrissen. Ich habe bereits in dem anderen Thread geschrieben, dass ich einmal eine Doppelstunde meines Mentors erleben durfte, die daraus bestand, dass die Klasse 90 Minuten lang Folien abschrieb. Uns wurde auch gesagt, dass man Wert auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit legt, wartete bei den Seminarveranstaltungen dann aber 30 Minuten auf verspätete Dozenten. Ein weiteres Highlight war eine Besprechung einer meiner gelungenen Stunden, in denen der Seminarmensch mir mitteilte, dass alle Arbeitsphasen, die länger als 10 Minuten dauern, problematisch sind. Seine Sitzungen bestehen hingegen stellenweise aus 60minütigen Arbeitsphasen.

Als sehr idealistischer Mensch kann ich das eben einfach nicht mehr ernst nehmen. Das ist dann für mich dieselbe Schiene wie die Verankerung der Lehren eines vor-mittelalterlichen Totenkultes im Bildungsgesetz eines Landes im 21. Jahrhundert.

Kodi
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Re: "Faule" Referendare

Beitrag von Kodi »

Phaon hat geschrieben:[...]
Aber es stimmt: es ist nicht alles schlecht im Referendariat. Schön finde ich zum Beispiel die relativ freie Zeiteinteilung. Keine Lust auf Unterrichtsvorbereitung? Einfach in der Pause vor der Stunde eine Aufgabe aus dem Buch auswählen, diese bearbeiten lassen und am Ende noch sichern. Fertig. Auch einige Phasen der Hospitation waren sehr entspannt. Da der für mich zuständige Ausbildungsbeauftragte an der Schule aufgrund von Krankheit ausfiel und er selbst sehr schlecht organisiert war, gab es einige Wochen, in denen ich nur ca. 3 bis 4 Stunden überhaupt an der Schule verbrachte und mir dann von Mittwoch bis Freitag frei nahm, ohne, dass es irgendjemand bemerkte. Die Hospitation selbst hätte mich sowieso nur auf die Plame gebracht.[...]
Bevor du dich über "das System" auslässt solltest du einmal deine eigene professionelle Einstellung überprüfen. Wenn für dich das beste am Ref Wege der Arbeitsvermeidung sind, dann bist du im Ref und im Lehrerjob falsch.
Sorry, wenn ich das so platt schreibe, aber so ist es leider... ;)

heidi0007
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Re: "Faule" Referendare

Beitrag von heidi0007 »

Nun ja, vlt ist es aber gar nicht so wie due es siehst freak.

Frag doch mal warum er nie so lange bleibt. Vlt muss er den Bus bekommen, vlt muss er noch 2 Stunden irgendwo hin fahren. Und hat vom Seminar jetyt in der Einfuehrungsphase ein wenig viel Stress.

Freak_
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Re: "Faule" Referendare

Beitrag von Freak_ »

Hallo, hier ging es ja ganz schön ab. So viele interessante Meinungen!

heidi007, diese Sachen sind längst geklärt, daran liegt es nicht. Inzwischen läuft es auch viel besser, nachdem wir einiges geklärt haben.

"Mal etwas gnädiger zu dir selbst sein, öfter früher nach Hause gehen, in der Freizeit entspannen! Das hast du dir verdient - niemand soll und muss dauerhaft so viel arbeiten!"

Das war glaube ich ein Missverständnis. Ich bin weder überfordert noch übermüdet und kann sehr wohl entspannen. Es sind einzelne Tage, an denen es so lange geht, aber es kommt dennoch vor. Und ich mag meine Arbeit und bin in vielen Arbeitsgruppen usw.
Natürlich erwarte ich nicht, dass jeder andere das auch so macht, schon gar nicht von Referendaren. Es ist aber eine Fehleinschätzung, dass ich übermäßig viel Arbeit habe und deswegen quasi meinen Frust an anderen auslasse. Ich gehe oft mittags nach Hause, mache am Wochenende eigentlich grundsätzlich frei und alles, was ich hier gesagt habe, war in einvernehmlicher Meinung mit den anderen betreuenden Kollegen, denen müsste es ja dann genauos gehen.
Zuletzt geändert von Freak_ am 29.02.2016, 22:53:30, insgesamt 1-mal geändert.
You said I wouldn´t make it but look how far I´ve come!

qchn
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Re: "Faule" Referendare

Beitrag von qchn »

ich hätte es nie gedacht, aber jetzt fehlt Latinas Stimme. dann übernehm ich das mal:
ich finde btw, dass "Sich-übermäßig-viel-vornehmerInnen" im Job mindestens so falsch sind, wie ArbeitsvermeiderInnen. die sind nämlich schnell mal frustriert und ständig krank. außerdem verderben sie die Preise. ich fänds garnicht schlecht, wenn man im Ref. den ökonomischen Umgang mit Arbeits- und Lebenszeit lernen würde - is ja nicht so, dass man mit einfachen Mitteln nicht auch guten Unterricht machen könnte, und dabei trotzdem noch Zeit für ein Leben hat. Bin gerne Lehrerin, aber es is halt mein Job, mit dem ich Geld verdiene und nicht mein Lebensinhalt.

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