Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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jelo
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von jelo »

Wie müsste denn eine Stunde aussehen, die mit "nicht bestanden" bewertet wird? Es muss doch dann der Fall sein, dass die Stunde so gravierende Mängel aufweist, dass man das nicht als vernünftigen Unterricht bezeichnen kann. Dabei dürfte es doch eigentlich nicht um eine Summe von Kleinigkeiten gehen (zu viele Methodenwechsel, zu schnelles Sprechen, Ergebnis der Stunde weicht minimal vom eigentlichen Ziel ab, die Stunde wurde nicht punktgenau geplant, es wurde nicht jede Kompetenzstufe so eingebaut, wie das vielleicht sinnvoll gewesen wäre usw.).

Kann nicht eine Stunde nur dann mit "nicht bestanden" gewertet werden, wenn etwas ganz Schlimmes falsch gelaufen ist (Schüler wurden angeschrien, Lehrer bekam Nervenzusammenbruch, Lehrer kam zu spät, Lehrer wirkte hilf- und planlos - halt alles Sachen, von denen man annehmen müsste, dass sie nach einer guten Ausbildung nicht vorkommen dürften). Oder anders gesagt: Müsste man nicht annehmen können, dass ein Kandidat am Ende seiner Ausbildung in jedem Falle in der Lage sein müsste, eine halbwegs passable Stunde abzuhalten? Und wenn das nicht der Fall ist - müsste das nicht schon vorher klar gewesen sein?

Illi-Noize
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von Illi-Noize »

Und wenn das nicht der Fall ist - müsste das nicht schon vorher klar gewesen sein?
Es kann ja immer was schief gehen. Klassisch bei uns die 5 (was Du als Beispiele gebracht hast ... da fehlt nur noch der Chemie-Klassiker "Schüler bei Versuch verletzt" ist eine 6) ist, wenn man das Thema verfehlt, nicht fertig (und dabei das entscheidende Lernziel nicht erreicht) wird oder fachliche Fehler macht. Alles kann aus Nervosität entstehen, oder eben durch grobe Planungsfehler. Besonders ärgerlich ist es, wenn ein Schüler etwas fachlich falsches sagt und der Ref das nicht korrigiert bzw. korrigieren lässt. Das kann auch zu einer 5 führen (fachlicher Fehler).

nanu
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von nanu »

jelo hat geschrieben:
Das ist ja interessant und eigentlich so ziemlich genau das, was ich meine: In den 45 Minuten kommt gar nicht raus, welchen Draht der Lehrer zu den Schülern hat, weil alle so angespannt ist. Was dann aber offenbar (auch) beurteilt wird, ist eine angespannte Atmosphäre, die so vorher und
Ja, und dennoch wird der "Draht zu den Schülern" in der Prüfungsstunde mitbewertet. Wenn die Prüfer den Eindruck haben, dass dieser Draht nicht da ist, lassen sie dich durchfallen.

Tlaloc
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von Tlaloc »

An diesem Thread werden zwei Probleme deutlich:

1. Ist es durchaus problembehaftet, wenn Prüfungssysteme darauf ausgelegt sind, dass ein einziger Tag über das Bestehen/Nichtbestehen eines Examenskandidaten entscheidet (z.B. in NRW). Zwar weiß ich, dass die meisten Prüfer und Prüfungskommissionen sich durchaus nach besten Wissen und Gewissen bemühen, zu einer objektiven Entscheidung zu kommen, auch, dass insgesamt in einer solchen Prüfungskommission doch "recht viele Stunden Unterrichterfahrung" zusammenkommen, was allerdings nicht heißt, dass es dennoch zu Fehleinschätzungen kommen kann. Dieses ist systemimmanent und damit per se begründet. (Jedenfalls wenn man davon ausgeht, das Menschen fehlbar sind/sein können.)

2. Eine weitere Komponente scheint zu sein, dass Beziehungsebenen (so verstehe ich den Autor des Threads) nicht erfasst werden/werden können. Dieses kann ein Prüfungssystem, welches nachvollziehbare Kriterien anlegt, auch gar nicht. Dennoch liegt der Hase hier ganz besonders im Pfeffer. Denn gerade die Beziehungsebene bestimmt maßgeblich über den Erfolg von Unterricht (natürlich ist eine angemessene Unterrichtsplanung als Basis unerlässlich).
Hier ergibt sich also ein grundsätzliches Problem, nämlich jenes, dass eben nur ein ganz bestimmter (recht kleiner) Teil überprüfbar bleibt und genau hierauf sind Prüfungen beschränkt - jedenfalls offiziell. Dass dennoch auch die Beziehungsebene (egal, ob subjektiv empfunden oder halbobjektiv: "Der muss/darf nicht Lehrer sein!") nahezu immer in ein Gesamturteil einfließt, kann positiv wie negativ sein und ist sicherlich der Hauptgrund für Threads mit der Thematik "keine Objektivität bei UB/Prüfung/etc.".
KL,
Ausbildungsleiter Schule,
Schul- und Unterrichtsentwicklung.

Denken hilft!

smarty
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von smarty »

@ jelo:

du hast geschrieben:
[quote]Tarock, wieso hat dir jemand das Gegenteil gesagt? Das wäre doch unsinnig: "Sie sind zwar durchgefallen, weil Sie so schlecht sind, aber machen Sie ruhig weiter so. Das ist genau der richtige Job für Sie!"[/quote]

du verstehst es aber doch so, dass die matheL deiner tochter aus nicht gerechtfertigten gründen durchgefallen ist? und du sie ja sicher weiter behalten wollen würdest, weil sie ja eine tolle L ist???
warum kannst du das bei tarock dann nicht so sehen?

sorry, aber das war meine interpretation deiner aussage.

jelo
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von jelo »

smarty, ich habe doch gar keine Aussage darüber getroffen, ob Tarock zu Recht durchgefallen ist, oder? Ich habe doch lediglich gefragt, wie man ihm das Durchfallen und die Prognose für die Zukunft kommuniziert hat.

Meine Tochter hat inzwischen berichtet, dass die Lehrerin wohl in drei Prüfungen (Arbeit und Unterricht) - wenn sie das richtig verstanden hat - zweimal eine 5 und einmal eine 4 bekommen hat. Erfährt man denn die Ergebnisse alle am Ende, am letzten Tag? Oder weiß man schon vor der letzten Prüfung, dass man dringend eine gute Note braucht, um etwas auszugleichen?

Es kann ja sein, dass irgendwo dramatische Mängel vorliegen, aber ich verstehe immer noch nicht, wieso man das nicht vorher angedeutet hat und mit dem Anwärter darauf hingearbeitet hat, dass diese Mängel abgestellt werden. Wenn jemand z.B. Probleme darin hat, die gesetzten Ziele zu erreichen, dann kann man das doch sicher üben. Ansonsten verstehe ich nicht, wie man denjenigen über Monate und Jahre selbständig Unterricht vorbereiten lassen kann und sogar Noten geben lässt, wenn er soooooo unfähig ist. Ich selbst hatte z.B. mal eine Referendarin, die so leise gesprochen hat, dass wir uns alle um den Lehrertisch setzen mussten, damit man sie verstanden hat. Die hat dann irgendwann aufgegeben.

Irgendwie habe ich das Gefühl - woran ich das festmachen kann, weiß ich nicht -, dass man die Lehrerin hat auflaufen lassen. Eine andere Lehrerin sagte, dass das Problem sei, dass man wohl derzeit zu viele Referendare hätte und deshalb die, die man nicht braucht, durchfallen lässt. Während man zu anderen Zeiten jeden bestehen lässt, der seinen Namen schreiben kann.

Mir tut das menschlich sehr Leid zu erleben, wie jemand durchfällt, der sich kümmert und nett ist und den die Schüler mögen - während auf der anderen Seite so viele Lehrer einen dermaßen schlechten Job machen!

smarty
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von smarty »

naja, aber es besteht doch auch die möglichkeit, dass sich die zuständigen leute durchaus gekümmert haben, um die mängel abzustellen???
und dass es nicht gefruchtet hat?
und dass muss ja auch nichts mit der persönlichkeit zu tun haben. ich hatte auch einen refkollegen, menschlich total nett, wurde von den kindern geliebt. fachlich aber trotz beratung und verbesserungsvorschlägen eine null. der ist durchgefallen und ich muss ehrlich sagen, dass ich mir trotz der person selbnst nicht wünschen würde, dass mein kind von ihm unterrichtet wird.
denn in erster linie soll mein kind von der lehrkraft wissen vermittelt kriegen, wenn er dabei nett UND kompetent ist, umso besser.
aber eine tolle persönlichkeit ohne fachliches wissen nützt niemanden, am allerwenigsten den kindern! :roll:

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