Eine Begegnung der unangenehmen Art...

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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Piccola
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Eine Begegnung der unangenehmen Art...

Beitrag von Piccola »

Leider hatte ich gestern im Studio nach langer Zeit wieder eine "Begegnung der unangenehmen Art".

Traf dort einen ehemaligen Kommilitonen, der, weil er kein Lehrer werden wollte, noch schnell Jura studierte und jetzt Anwalt ist.

In der Unterhaltung fielen dann Sätze wie: "Ach ja stimmt, Ihr habt ja schon wieder Ferien. / Lehrer jammern zu viel herum, obwohl sie die einzigen sind, die schon nachmittags frei haben. / Naja, wenn man zu wenig arbeitet, muss man sich ja anderweitig beschäftigen (also mit Jammern), usw."

Das alles meinte der Gute gewiss nicht böse. Und dumm ist er eigentlich auch nicht.

Naja, da sieht man mal wieder, dass Intelligenz alleine auch nicht alles ist. Und dass für Klugheit und Weisheit einfach mehr als nur ein hoher IQ erforderlich ist.

Man müsste unter anderem auch mal weiterdenken können und wollen. Aber die Bequemlichkeit siegt offensichtlich meistens. Oder es fehlt tatsächlich die Fähigkeit zum differenzierten Denken? Ich weiß es nicht.

Mir ist nur unbegreiflich wie jemand ernsthaft denken kann, dass sich die Unterrichtsvorbereitungen, Korrekturen und Projektplanungen von alleine machen, während der Lehrer nachmittags um 15 Uhr auf dem Tennisplatz steht bzw. Mittagsschlaf macht und sich an jedem Wochenende auf Wandertouren befindet ... :roll:
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luncatic
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Re: Eine Begegnung der unangenehmen Art...

Beitrag von luncatic »

über sowas ärger ich mcih schon lange nicht mehr. einziger kommentar: cleverness zeigt sich bei der berufswahl. selbst schuld, wenn dir das nicht vorher aufgegangen ist, dass es in diesem land überbezahlte halbtagsjobs mit kündigungsschutz gibt. :mrgreen:

[und nein: es ist für außenstehende nicht einsehbar, wieviel arbeit ien lehrer hat. mein lebensgefährt war auch böse überrascht als wir zusammengezogen sind, wie viel ich am schreibtisch sitze - obwohl er differenziert denken kann und keine vorurteile gegenüber lehrern hatte].

Zimt
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Re: Eine Begegnung der unangenehmen Art...

Beitrag von Zimt »

Piccola hat geschrieben:Das alles meinte der Gute gewiss nicht böse.
Das hätte ich schon als "böse" interpretiert. Das sind doch total arrogante und deinen Beruf / deine Person abwertende Aussagen. Unbedacht, vielleicht, aber ich würde das trotzdem als persönliche Beleidigung oder zumindest sehr, sehr unangemessene Äußerungen sehen und den Anderen deutlich in die Schranken weisen -- wie hast du denn reagiert?

Piccola
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Re: Eine Begegnung der unangenehmen Art...

Beitrag von Piccola »

Klar, dass man nicht wissen kann, wie viel Lehrer hinter den Kulissen leisten, wenn man niemanden näher kennt, der diesen Beruf ausübt.

Das können wir in Bezug auf andere Berufe auch nur erahnen.
Vielleicht sind wir Lehrer aber gerade deshalb etwas toleranter gegenüber anderen Berufsgruppen, weil wir selbst mit vielen falschen Vorurteilen "zu kämpfen" haben.

Mich stört es auch nicht, wenn jemand, wie z.B. Dein Lebensgefährte, den Lehrerberuf nicht einschätzen konnte. Das würde ich auch nicht als Unfähigkeit oder Unlustigkeit zum differenziertem Denken bezeichnen. Das ist einfach normal. Man befasst sich im Leben mit so vielen Dingen, dass man ohne Grund nicht jeden Pieps analysieren kann.
Ich meine, es gibt einfach Dinge, über die man sich erst Gedanken macht, wenn sie irgendeine Relevanz im eigenen Leben haben, wie z.B. im Fall Deines Lebensgefährten, der nun mit einer Lehrerin zusammenlebt.

Mich stört es aber, wenn jemand so darauf herumhackt als hätte er die Wahrheit gefressen und kenne sich super gut aus. Und so etwas nenne ich Unfähigkeit zum oder Verweigerung von differenziertem Denken. Das ist einfach nur engstirnig.
Und ich finde es auch taktlos und herablassend, ja, nahezu arrogant.
Mens sana in corpore sano :-)

Piccola
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Re: Eine Begegnung der unangenehmen Art...

Beitrag von Piccola »

Hallo Zimt,

ich habe nicht so intelligent reagiert, weil ich so aufgebracht war:

Ich habe gesagt, dass meine Familie damals auch immer auf Lehrer geschimpft hätte, bis sie mein Ref miterlebt und Einblicke in meinen Berufsalltag gewonnen hätten.
Seitdem wären sie stolz auf mich.

Desweiteren sagte ich, dass ich ja schon immer workaholic gewesen wäre. Und dass mir nun klar geworden wäre, dass man ein workaholic sein müsste, um Lehrer sein zu können.

Darauf habe ich nur ein müdes Lächeln bekommen und irgendeine andere Bemerkung, die mir zeigte, dass der gute Mann mich nur lächerlich fand in meiner Rechtfertigung...
Zuletzt geändert von Piccola am 03.04.2010, 8:25:49, insgesamt 1-mal geändert.
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luncatic
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Re: Eine Begegnung der unangenehmen Art...

Beitrag von luncatic »

Piccola hat geschrieben:Mich stört es aber, wenn jemand so darauf herumhackt als hätte er die Wahrheit gefressen und kenne sich super gut aus. Und so etwas nenne ich Unfähigkeit zum oder Verweigerung von differenziertem Denken. Das ist einfach nur engstirnig.
Und ich finde es auch taktlos und herablassend, ja, nahezu arrogant.
das ist aber doch sein problem und nicht deins.
wenn ich alles, was an dummen kommentaren über lehrer so kommt, als persönliche beleidigung meiner person auffassen würde, wär ich a) gut beschäftigt und b) depressiv.

Piccola
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Re: Eine Begegnung der unangenehmen Art...

Beitrag von Piccola »

Ja, Du hast Recht.

Irgendwie bin ich aber schon immer ein Mensch gewesen, der sich tagelang mit irgendwelchen Problemen anderer beschäftigt. Das ist zwar anstrengend, aber ich kenne es nicht anders und werde davon auch nicht depressiv. :-) Aber gut beschäftigt bin ich immer, das stimmt.
Mens sana in corpore sano :-)

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