Hurra!
Ich bin zurück aus meinem wohl verdienten Oster-Urlaub und habe inzwischen meinen positiven Bewilligungsbescheid zu Hartz IV erhalten.
Grund zur Freude: Neben einer einmaligen (Nach)Zahlung in Höhe von satten 2.652,00 EUR seit Antragstellung (bedingt durch die monatelange Bearbeitung, abzüglich einer Kürzung wegen meiner selbst verursachten Kündigung aus dem Vorbereitungsdienst) erhalte ich nun 724,00 EUR monatlich auf mein Konto für Lebensunterhalt und Miete. Sogar die Kosten für die Krankenkasse und Pflegeversicherung werden übernommen.
Damit stehe ich finanziell (vor allen Dingen „netto“) besser da, als viele meiner ehemaligen Kolleginnen aus dem Seminar, die im Vorbereitungsdienst den Kitt von den Fenstern essen müssen um die Durststrecke von 2 Jahren zu überleben – ohne Garantie, hinterher ein festes Engagement als Lehrerin, geschweige denn als Beamtin zu erhalten.
Ich habe es auch nicht eilig, mich wieder kopfüber in neuen Stress zu stürzen, denn dafür war der Kampf mit der ARGE zu ermüdend. Nun genieße ich erstmal ein paar Monate Hartz IV und kann mich in aller Ruhe beruflich neu orientieren. Der Sommer kann kommen, ich werde jede Sekunde davon genießen! Als Architektin wird sich demnächst sicher etwas bieten. Doch bis dahin buche ich meinen nächsten Urlaub und die Nachzahlung von Vater Staat kommt mir gerade recht, um mir den nächsten Trip nach Paris zu versüßen.
Jetzt hole ich mir den finanziellen Ausgleich zurück, denn ich an Nerven im Staatsdienst gelassen habe. Ein schlechtes Gewissen? Wozu? Wenn ich an die Ausbeutung zurück denke, die der Staat jedem Lehramtsanwärter auferlegt, dann empfinde ich es nun recht und billig, ihn jetzt zur Kasse zu bitten. Schließlich erhalten auch Putzfrauen einen Mindestlohn, aber Akademiker im Vorbereitungsdienst eben nicht. Vater Staat ist nicht fair, also bin ich es auch nicht. Ein herrliches Gefühl, auf Staatskosten zu leben und Kohle aus dem Fenster zu schmeißen, für die man keine Zeit geopfert hat.
Ich hatte im Vorbereitungsdienst ein Einkommen in Höhe von schlappen 992,00 (brutto) zur Verfügung, die durch Lebensunterhaltskosten, Miete, Auto, Benzin, Lehrmittel, Versicherungen etc. schnell auf Null geschrumpft sind. Der Umstand, von einem „Einkommen“ zu reden, war in den Augen meiner Bank ein schlechter Witz! Ich lag damit 200 EUR über dem Existenzminimum(!) und hatte alle o. a. Kosten selbst zu tragen. Schon damals war der Vergleich mit einem Sozialhilfeempfänger kein Scherz meiner Bekannten, sondern Realität! Und für diesen Hungerlohn verlangte man an Schule und Seminar Höchstleistungen.
Deutschland, ich liebe dich! Auf der einen Seite müssen Akademiker im Vorbereitungsdienst für einen Hungerlohn bis zum Umfallen schuften und für alle Kosten selbst aufkommen, die mit der Ausbeutung im Zusammenhang stehen. Auf der anderen Seite erhalten die gleichen Akademiker für ihren Dauerurlaub auf Staatskosten monatlich mehr als 700 EUR netto und bekommen noch zusätzlich die Krankenversicherungskosten erlassen.
Lieber arbeite ich nebenbei als Architektin „schwarz“ als es an der Schule „bunt“ zu treiben und meine Gesundheit zu opfern.
Doppeltes Gehalt, mehr Freizeit, mehr Freu(n)de.
Mehr vom Leben
Alles Gute wünscht Euch
Tanja