Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
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schiona
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von schiona »

Was mich an der Diskussion stört, ist der Tonfall.

Ganz klar: Wir machen Unterricht nicht für die Schule, das Seminar oder einen FL, sondern für die Kinder und Jugendlichen, die meist auch Eltern haben.

Kinder sind die Experten, was Schule, Lehrer und Unterricht angeht. Sie teilen vieles in der Familie mit - auch wenn dies subjektive Wahrnehmungen sind.
Eltern dürfen und sollen mitreden, was ihre Kinder in der Schule erleben.
Kinder und ihre Eltern sind unsere Kunden. Wir sind Dienstleister - dafür werden wir bezahlt.

Ich wünsche mir mehr Höflichkeit, Freundlichkeit und Offenheit im Umgang mit eben dieser Kundin, die hier eine Frage gestellt hat. ´
Als Lehrerin und Mutter erwarte ich von den Kollegen etwas mehr Professionalität.

schiona

jelo
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von jelo »

Danke dafür. Mir gefällt dein "Tonfall". Ich verstehe das so, dass du zwar der Bildungsexperte für mein Kind bist, dass du aber letztendlich auch davon profitierst, dass ich als Mutter den Kontakt suche oder zumindest Interesse zeige. Und davon, dass du profitierst, profitieren wiederum auch die Kinder. Und ich als Mutter profitiere davon, dass wir uns unkompliziert austauschen können, wenn es mal Probleme gibt. Ich kann dir vertrauen, weil du keine Angst davor hast, ehrlich zu sein und ehrliche Kommentare von mir zu hören. Und du kannst mir vertrauen, weil du weißt, dass ich dich respektiere.

Tja, eigentlich sollte so der normale Umgang zwischen Eltern und Lehrern sein. Ist es ja auch oft. Aber manchmal hakt es. Komisch finde ich dabei, dass man als Eltern bei bestimmten Lehrerpersönlichkeiten den Eindruck hat, man kann es ihnen sowieso nicht rechtmachen: Ist man interessiert, kommt eine blöde Bemerkung. Hält man sich zurück und denkt: "Sollen sich die Lehrer mal darum kümmern, dass mein Kind in der Schule klarkommt", ist man bildungsfern. Wie sich einige Lehrer die idealen Eltern vorstellen, möchte ich mal wissen. Wahrscheinlich immer so, wie es gerade passt und am wenigsten anstrengend bzw. herausfordernd ist.

Lysander
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von Lysander »

schiona hat geschrieben: Kinder sind die Experten, was Schule, Lehrer und Unterricht angeht. Sie teilen vieles in der Familie mit - auch wenn dies subjektive Wahrnehmungen sind.
Eltern dürfen und sollen mitreden, was ihre Kinder in der Schule erleben.
Kinder und ihre Eltern sind unsere Kunden. Wir sind Dienstleister - dafür werden wir bezahlt.
Da würde ich widersprechen wollen.
Meine Schüler sind für mich weder Kunden noch empfinde ich mich als Dienstleister. Das regelt alleine schon das Rechtsverhältnis zwischen Lehrern, Schülern und Eltern.
Und ich würde mich auch nicht in der Rolle sehen, in der ich gemäß "Kunde ist König" jedem Kunden in den Allerwertesten krieche.

Diese "Dienstleister"-Keule hat einen ziemlichen moralischen Impetus, der mittelbar zur Selbstausbeutung der Lehrkräfte auffordert. Dem kann und will ich nicht zustimmen.
Gruß
Lysander

Das beste Argument gegen Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit einem durchschnittlichen Wähler. (W. Churchill)

jelo
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von jelo »

Ich denke, schiona meinte damit nicht, dass die Lehrer den Eltern die Füße küssen müssen. Sondern vermutlich eher, dass es keinen Grund gibt, davon auszugehen, dass Eltern in Schulfragen nicht mitreden sollten. Es sind die Kinder der Eltern und nicht der Lehrer. Der Lehrer macht im Normalfall seinen Job (manchmal weit mehr, das will ich nicht verschweigen) und geht dann nach Hause. Die Eltern haben mit dem Ergebnis dieser Arbeit unter Umständen sehr viel länger klarzukommen, als es ihnen lieb ist. Daher bleibt eigentlich nur die Folge, dass man Hand in Hand arbeiten sollte.

frlkassandra
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von frlkassandra »

Als Junglehrerin sagte einmal ein Vater zu mir "Sie haben halt keine Kinder".

Das hat mich damals sehr empört.

Leider muss ich - nun selbst Mutter von schulpflichtigen Kindern - diesem Vater mittlerweile ein kleines bisschen Recht geben. Und dieser Perspektivwechsel würde einigen Forumsmitgliedern auch ganz gut tun.

schiona
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von schiona »

Hallo Lysander,

wenn dir das Bild vom Kunden nicht gefällt, nimm doch das, was im Gesetz steht - Eltern und Lehrer sind Partner in der Erziehung. Mit diesem Bild haben die Eltern das noch schwerere Gewicht in dieser Beziehung, als wenn sie Kunden wären.

Im Leitbild meiner Schule ist von Eltern und Ausbildern als Partnern die Rede - und so sollte man auch zusammenarbeiten.

Die Eltern kennen ihr Kind besser als ich - und manchmal anders. Wenn ich einen offenen Unterricht mit entsprechender Differenzierung anbiete, ist die Rückmeldung der Eltern besonders wichtig für mich. Daher sind mir engagierte Eltern und ein vertrauensvolles Verhältnis wichtig - denn schließlich vertrauen mir die Eltern ihre Kinder an.

Wenn wir den Gegenentwurf zu unserer Schule wollen (quasi die französische Schule), dann müssen wir damit aufhören, die Eltern fest einzuplanen: als Hausaufgabenbetreuer, als Nachhilfelehrer, als Kuchenbäcker, als Maler und Dekorateure fürs Klassenzimmer...
Kein Wunder, dass diese Eltern dann auch ein Wörtchen mitreden wollen. Das ist ein Grenzgang, den jeder Lehrer macht - wie weit bestimmen die Eltern im Unterricht mit oder eben nicht.
Bei fachlichen Fragen beanspruche ich - wie du, jelo, es schon anmerkst, den Vorrang, bei erzieherichen und pädagogischen Fragen sind die Eltern gleichberechtigte Partner, was ihr eigenes Kind angeht.

schiona
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Re: Wie funktioniert das mit dem Durchfallen?

Beitrag von schiona »

Liebe jelo,

ich kann gut verstehen, dass sich Kinder Gedanken machen, was aus ihrer Lehrrerin wird, zumal Kinder häufig die Schuld bei sich suchen.

Sogar meine Großen, meine Berufsschüler, haben bei meinen Lehrproben mitgelitten und gefragt, was ich für eine Note bekommen habe und ob sie alles richtig gemacht hätten.

Der Wechsel einer Bezugsperson, die die Kinder sehr mögen, ist im Grundschulalter nicht immer einfach. Zu Beginn des Jahrer hat unser Ganztagsbetreuer in der GS meines Sohnes sein Referendariat an einer anderen Schule angetreten. Mein Sohn, 7 Jahre, war ganz durch den Wind und meinte, der junge Mann würde gehen, weil er andere Kinder lieber hätte als ihn. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis er das verarbeitet hat und auch sein Verhalten im Unterricht hat gelitten. Mit der (partnerschaftlichen) Hilfe seiner Lehrerin und viel Zuwendung von uns hat er sich an die neue Bezugsperson gewöhnt.

Insofern ist deine Frage, ob denn niemand an die Kinder denkt, berechtigt. Und ich bin der Meinung, dass die Lehrerpersönlichkeit in der Beurteilung durch die Seminare immer noch zu kurz kommt. Natürlich zählen auch andere Dinge in der Lehrprobe, wie hier schon ausgeführt wurde und die erschließen sich nicht als Beobachter von außen (das gilt auch für andere Lehrer, die nicht dabei waren) und natürlich kommt es immer wieder mal zu ungerechten Beurteilungen.

Zu überlegen wäre, ob diese Art der Ausbildung/Prüfung überhaupt sinnvoll ist, denn letztlich sollten die 18 oder 24 Monate insgesamt mehr zählen als eine Tagesleistung.
Ich würde mir solch eine Reform der Ausbildung wünschen.

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