Korrekturfrust

Wer sich seine Sorgen und Nöte mit dem Referendariat von der Seele reden will, ist hier richtig. Vielleicht gibt es ja jemanden, der einen guten Rat hat.
Lili
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Beitrag von Lili »

@ neffets:
"Perlen vor die Säue?" :roll:
Ich muss mich gerade an die gruseligsten meiner Gym-Lehrer erinnern: "Seid ihr vielleicht hier, um die Luft zu atmen?"
Schau, dass du die Kurve kriegst. Sonst endest du wie mein Bio-Lehrer. Der war zwar fachlich kompetent, aber nicht richtig aufgehoben und hat nach meinem Abi mal zu mir gemeint, wie schade das ist, dass man halt mit einem Lehramtsstudium in der Wirtschaft nix anfangen kann...

Kiray

Beitrag von Kiray »

Ich bitte euch, will jemand ernsthaft die Qualifikation für den Beruf absprechen, nur weil man Korrekturen für das übelste am Beruf hält? Meine Fähigkeiten des korrigierens und meine Einstellung zu diesem Teil meiner Arbeit sind doch zwei völlig unterschiedliche Dinge.
Ich korrigiere mit einem gut ausgearbeiteten Erwartungshorizont, bewerte die Arbeit und nicht den Menschen und komme zu einem fairen Urteil (jedenfalls zweifeln meine SuS nicht an meiner Notengebung). Dennoch halte ich Korrigieren für das allerletzte und gehöre auch zu denjenigen, die "die Scheiße wechhauen". Montag fängt die Schule wieder an und ich habe noch immer einen Stapel 11er Gedichtanalysen unberührt daliegen, weil ich tatsächlich mal Weihnachten gemacht habe und so nunmal noch ein Stapel übergeblieben ist. Trotzdem mag ich meinen Job.
In diesem Sinne fröhliches Wochenende! *an die Arbeit geh*

Scooby

Beitrag von Scooby »

Das Aufwändige ist ja häufig gar nicht das Finden der Note, sondern die Begründung und die Positivkorrektur. Welche Note ich gebe, weiß ich ja meistens nach einmal Durchlesen schon...

Ich arbeite auch mit Excel-Sheets und Teilnoten und schreibe die Beurteilungen mit dem PC, weil man ja oft viel übernehmen kann und es außerdem viel schneller geht.

Trotzdem brauche ich für die Korrektur eines Deutschaufsatzes einer achten/neunten Klasse mit 2-3 Seiten mind. 20 Minuten. Ich hab auch schon mit erfahreneren Kollegen gesprochen, die schaffen das auch nicht schneller. Und das bedeutet für einen Klassensatz halt einfach 10 Stunden reine Arbeitszeit, wobei ich nicht mehr als 5 solcher Arbeiten am Stück schaffe, weil ich dann anfange, Dinge zu übersehen.

Das Wichtigste ist wohl, konsequent anzufangen, wenn man die Arbeit geschrieben hat und dann einfach jeden Tag 5 Arbeiten zu machen. Dann ist es nach ner Woche auch rum. Aber leider schaff ich das noch nicht immer und so stapelt sich´s dann eben...

Nachtblende
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Beitrag von Nachtblende »

Man, ist das Leben ungerecht. Da vergnügen sich die einen 10 Stunden lang oder mehr bei Korrekturarbeiten für einen Klassensatz und nehmen dieses Glücksgefühl sogar mit in das Wochenende, während andere Mitbürger große Mühe haben, sich dazu zu überwinden, vom üppigen Frühstücksbuffet ihres Hotels aufzustehen, um der penetranten Winterpracht erneut zu begegnen. Und das auch noch mit Musik und einem ständigen Grinsen im Gesicht – egal wohin man schaut.

Ist das fair? Schon wieder Ski laufen, schon wieder in die Sonne und den Schnee. Natürlich zu genießen, ist wirklich ein harter Job. Dagegen ist der Platz irgendwo in einer dunklen Grotte am Schreibtisch doch ein wahrer Segen, denn ein Stapel Arbeit ist eine ehrenvolle Aufgabe, die denen nie zu Teil wird, die ihre Kinder zwar in die Schule schicken, aber selbst lieber an andere Dinge denken, z. B. die weißen Abhänge herab zu fahren und sich einfach nur am Leben zu erfreuen. Das ist richtig anstrengend, vor allem körperlich. Schon das Anziehen der Sportausrüstung dauert seine Zeit. Zwar nicht 10 Stunden, aber 30 Minuten dauert es schon, bevor man für die Außentemperaturen gerüstet ist und neue Schritte im Schnee Richtung Gletscherbahn machen kann. Alles hat eben seinen Preis.

Ich wünschte, ich könnte jetzt auch Klassenarbeiten korrigieren, denn es macht sicher viel mehr Herzensfreude, als diese ewigen Pisten runter zu brettern, wo die gute Laune schon fast bedrohlich wirkt. Und wenn man daran denkt, dass es Touristen gibt, die sogar frühzeitig abreisen, weil irgendwo Schulglocken ertönen und damit zur Anwesenheit einladen, dann leide ich wirklich bei dem Gedanken, meinen Urlaub verlängern zu können, wie es mir beliebt. Ich nehme heute mal Auszeit von den Anstrengungen, Tourist zu sein, denn Urlaubsstress ist erbarmungslos in seiner Herrlichkeit. Aber da muss man eben durch, auch wenn es sehr mühsam ist, unter dem Druck des Urlaubsvergnügens ein paar Zeilen für das Forum zu schreiben, um Kritikern vor Augen zu führen, das es schlimmere Dinge gibt, statt Korrekturen für die Schule. Wintersport gehört definitiv dazu.

[Nachtblende]

Zitronenfalter
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Beitrag von Zitronenfalter »

@neffets

Aus Deinen Ausführungen spricht leider viel Bitterkeit... Was ich problematisch finde ist, dass Du so trennst zwischen Deiner inneren Haltung und der - ich nenne es mal - "professionellen Fassade". Ich glaube nicht, dass man das lange / ein Berufsleben lang unbeschadet übersteht...
Ich sehe die ganze Sache auch noch von einer anderen Seite: Würdest Du Deine eigenen Kinder gerne von Lehrern unterrichten lassen, die mit so einer Einstellung unterwegs sind? Wohl kaum. Oder wenn Du ein Problem hast und zu jemand gehst, der dafür Geld bekommt, dass er Dir hilft: Erwartest Du dann nicht auch, dass Derjenige sein Bestes gibt um Dir zu helfen? Warum also dürfen Schüler und Eltern, letzten Endes die Gesellschaft, die den Bildungsauftrag delegiert hat, von uns Lehrern nicht die gleiche Arbeitsleistung erwarten?

@Rike

Natürlich gibt es Spannenderes im Lerhberuf als schlechtleserliche Arbeiten, in denen es von Rechtschreibfehlern nur so wimmelt, zu korrigieren - wer wollte das je bestreiten? Nur: Gerade dann erkennt man den Profi, wenn´s eben keinen Spaß mehr macht und die Korrekturleistung dennoch stimmt! Deshalb stellt sich für mich die Frage, ob Korrigieren Spaß macht oder nicht nicht - es gehört zum Beruf dazu.

@ alle

es gibt Länder, in denen das Korrekturgeschät von päd. Hilfskräften erledigt wird - hat jemand konkrete Erfahrung mit solchen Modellen?
heiter weiter!

neffets
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Beitrag von neffets »

zitronenfalter

voll zustimmung.aber du musst schon genau lesen, was ich sagte. dass ich meinen platz zur verfügung stelle , sobald ich etwas anderes habe. bis dahin gilt die professionelle haltung sich nach außen hin nichts anmerken zu lassen. ich halte das für sehr professionell.

Nachtblende
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Beitrag von Nachtblende »

Zitronenfalter hat geschrieben:... hat jemand konkrete Erfahrung mit solchen Modellen?
Nein - zum Glück!

Die Korrekturen auf pädagogische Hilfskräfte zu übertragen widerspricht den erwartungsgerechten Aufgaben einer Klassenlehrerin, die stets ein besonderes Verhältnis zu ihren Schülern hat und pflegt. Vor dem Hintergrund, pädagogische Hilfskräfte mit der Bewertung von Klassenarbeiten zu beauftragen, bliebe kein Raum für die Förderung von individuellen Fähig- und Fertigkeiten der Schüler, denn dazu muss man sie kennen und erleben! Jeder Versuch eines Schülers, sich einer Aufgabenstellung auf seine Weise zu nähern, wäre bei einem solchen Prüfungsverfahren unerwünscht und am Ende wäre jede Klassenarbeit ein Test mit wenigen Feldern zum Ankreuzen. Nur wer das Kreuz an die richtige Stelle machen würde, hätte damit die Aufgabe erfüllt. Eine Kontrolle mit Schablone gibt es beim Führerschein, der nichts darüber aussagt, wie sicher oder unsicher jemand ein Kraftfahrzeug bedienen, geschweige denn fahren kann.

Wer mit dem Wunsch, sich dienstlich zu entlasten, ein Volk von Fachidioten wünscht, der überlässt es Hilfskräften, Schüler anhand von Punkten und Schablonen zu bewerten, statt in die Benotung unterschiedliche Faktoren mit einfließen zu lassen, die nicht unbedingt auf fachlicher Seite einen Schwerpunkt bilden müssen.

Achtung!
Für Kreativität gibt es keine mustergültige Lösung, die man ankreuzen könnte oder sollte. Solche Prüfungssysteme wären das Aus für den Aufsatz im Deutschunterricht und Schüler müssten befürchten, von Menschen beurteilt zu werden, die sie nicht kennen. Dabei kann mangelhaft ausreichend sein, wenn Umstände ihren Einfluss nehmen, die nur Lehrer kennen, die ihre Schüler kennen. Das trifft bei pädagogischen Hilfskräften nicht zu, die lediglich damit beauftragt wären, Klassenarbeiten auf Richtigkeit zu überprüfen.

Dabei steckt auch in falschen Antworten das Potential für eine richtige Antwort.

[Nachtblende]

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